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Erste Erfahrungen mit dem Freestyle Libre 3: Darf’s ein bisschen weniger sein?

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Demnächst will die Firma Abbott eine neue Generation ihres beliebten Glukosesensors einführen. Er ist deutlich kleiner als das bisherige Modell, kommt mit weniger Verpackungsmaterial und einem reduzierten Applikator aus und funkt die Messwerte ohne Scannen selbst an die App – weniger Arbeitsschritte also bis die aktuelle Kurve auf dem Display erscheint. Ich habe den Freestyle Libre 3 ausprobiert – und freue mich darauf, ihn ab September hoffentlich regulär zu nutzen.

Ich nutze den das FGM-System Freestyle Libre (FSL), seit es im Herbst 2014 auf den Markt gekommen ist. Seither gab es eine ganze Reihe von Weiterentwicklungen: Während das FSL1 nur mit einem speziellen Lesegerät gescannt werden konnte und auch noch nicht über Alarme bei Hypo- oder Hyperglykämien verfügte, ließ sich das FSL2 mit einer App auslesen und machte sich – sofern gewünscht – bei grenzwertig hohen oder niedrigen Werten akustisch bemerkbar. Nun steht mit dem FSL3 noch einmal eine neue Generation in den Startlöchern. Ich habe den neuen Sensor neulich gratis testen dürfen* und erzähle euch hier einmal von meinen Beobachtungen.

  1. Verpackung. Der neue Sensor kommt mit deutlich weniger Verpackung aus. Mein Testpaket war zwar aufwändig verpackt, doch wenn es in Zukunft um die Quartalslieferungen geht, dürfte das Päckchen ein ganzes Ende kleiner und leichter sein als bei den bisherigen Lieferungen.


    Gegenüber dem Karton des FSL2 kommt die Verpackung des FSL3 ausgesprochen zierlich daher
  2. Applikator. Ich nenne das Ding immer „Abschussrampe“. Beim FSL2 besteht sie aus zwei Komponenten, die man nach dem Öffnen erst einmal miteinander verschrauben muss, bevor man den Sensor abschießen anbringen kann. Beim FSL3 ist alles bereits in einem Element integriert. Vorteil: ein Arbeitsschritt und knapp 30 Gramm Plastikmüll weniger. Ansonsten unterscheidet sich die Handhabung nicht, man muss sich also nicht umgewöhnen.


    Der neue Applikator bringt 29 Gramm weniger auf die Waage als der des FSL2
  3. Sensor. Der Sensor des FSL3 hat einen deutlich geringeren Durchmesser als der des FSL2 und ist auch einen Hauch flacher. Ich fand schon das alte Modell angenehm zu tragen, doch die neue Version trägt noch einmal weniger auf und bereitet mir keinerlei Kopfzerbrechen, was den Kontakt mit den typischen „Fressfeinden“ eines jeden Sensors (sprich: Türrahmen, BH-Träger…) angeht. Während ich den FSL2 oft noch als reine Vorsichtsmaßnahme mit Tape fixiert habe, sehe ich hierfür beim FSL3 gar keine Notwendigkeit. Zum Glück habe ich noch nie irgendwelche Probleme weder mit der Hautverträglichkeit noch mit der Klebeleistung gehabt. Insofern bin ich happy, dass der Klebstoff offenbar nicht verändert wurde.


    Der FSL2-Sensor hat den Durchmesser einer 2-Euro-Münze, der FSL3-Sensor nur noch den einer 5-Cent-Münze
  4. Glukosemessungen. Das FSL3 ermittelt jede Minute den aktuellen Gewebezuckerwert und funkt ihn – und das ist neu – ohne Scannen an die dazugehörige FSL3-App. Man muss also nicht mehr die App öffnen, auf den Button „Scannen“ drücken und das Smartphone an den Sensor halten. Vielmehr sind der aktuelle Wert, die Kurve und der Trendpfeil sofort da, wie bei anderen CGM-Systemen auch. Weil bei mir sowohl das FSL1 als auch das FSL2 in den ersten zwei Tagen ungenau messen, wenn ich den Sensor gleich nach dem Setzen aktiviere, habe ich auch beim FSL3 meine üblichen 24 Stunden gewartet und ihn erst dann aktiviert. Die Messgenauigkeit war, wann immer ich sie mit einem blutigen Wert verglichen habe, sehr hoch: Die Abweichung lag immer im einstelligen Bereich. So kenne ich das auch vom FSL2, das bei mir immer ziemlich genau misst.
  5. App. Das FSL3 hat eine eigene App, die man sich erst einmal aus dem App-Store herunterladen muss. Bislang ist nur eine Version für iOS verfügbar, doch eine für Android ist in Arbeit. Weil ich nach meinem Testsensor wieder auf das FSL2 umgestiegen bin, hatte ich keine Lust, mein Konto mit der neuen App zu verknüpfen und habe den Testsensor einfach unabhängig von meinem Freestyle Libre-Nutzerkonto verwendet. Ich habe mich schnell daran gewöhnt, dass ich die App nur am iPhone aufrufen musste um den aktuellen Wert zu sehen. Mir sind nur ganz geringfügige Details aufgefallen, in denen sich die neue von der alten App unterscheidet. So wird bei den Auswertungen in der App nun nicht mehr der geschätzte HbA1c angezeigt, sondern der Glukose-Management-Index (GMI) – ein neuerer Begriff, der sich mittlerweile in der von CGM-Messwerten geprägten Diskussion etabliert hat. Abgesehen vom GMI, der im Grunde auch dasselbe aussagt wie der klassische HbA1c, muss man sich bei der Funktionsweise der App überhaupt nicht umgewöhnen.
  6. Verbindung zur Smartwatch. Weil der Sensor eigenständig via Bluetooth die Messwerte überträgt, habe ich auch nach einem Fitbit-Zifferblatt Ausschau gehalten, das die Werte aus der Smartphone-App auf meiner Smartwatch (Fitbit Versa light) anzeigt. Für Leute, die das FSL2 mit einer gepatchten App nutzen, gibt es solche Zifferblätter bereits. Allerdings kann man dann nicht mehr die offizielle Freestyle Libre-App nutzen. Aktuell gibt es noch keine Fitbit-Zifferblätter für das FSL3, doch ich vermute einmal, dass es nach der offiziellen Markteinführung nicht lange dauern wird, bis ich meine Werte auch auf der Uhr sehen kann. Das wäre definitiv noch einmal ein echter Gewinn, auf den ich mich schon freue.


    Für Fitbit-Smartwatches gibt es bereits ein Zifferblatt, das mit einer gepatchten Libre-App die Glukosewerte anzeigen kann (siehe die beiden linken Fotos). Mit dem FSL3 kann man dieses Zifferblatt allerdings noch nicht koppeln (siehe die beiden rechten Fotos).
  7. Alarme bei hohen bzw. niedrigen Werten. In puncto Alarme unterscheidet sich das FSL3 nicht wirklich von seinem Vorgänger: Man muss sie zunächst aktiv freischalten und wird dann bei grenzwertig hohen bzw. grenzwertig niedrigen Werten einmal über einen Signalton der App gewarnt. Normalerweise lasse ich mich bei Werten unter 60 mg/dL und über 230 mg/dL warnen. Allerdings hatte ich den FSL3-Sensor offenbar genau an die Stelle meines hinteren Oberarms angebracht, die beim Schlafen auf der Seite zusammengedrückt wird, sodass dort nicht genug Gewebeflüssigkeit und damit auch nicht genug Gewebezucker zu finden sind. Dann kann es zu einem Alarm wegen einer „Fake-Hypo“ kommen, die man im englischen Sprachraum als „compression low“ bezeichnet. Gibt es eigentlich schon ein deutsches Wort dafür? Diese Fake-Hypos sind meist gut zu erkennen an einem starken kurzen Ausschlag der Kurve nach unten, der nur so lange anhält, wie man auf der betroffenen Seite gelegen hat. Tja, genau so erging es mir gleich in meiner ersten Nacht mit dem FSL3-Testsensor. Er weckte mich um nachts um halb eins aus dem Tiefschlaf wegen vermeintlicher 54 mg/dL bei null Hypo-Symptomen. Die blutige Gegenmessung ergab einen Wert von 100 mg/dL. Später merkte das System auch, dass dieser Messwert wohl nicht plausibel war und rechnete ihn wieder aus der Kurve raus. Für mich hieß das jedenfalls: Alarme wegen niedriger Werte deaktivieren, damit ich nicht wegen des ungünstig platzierten Sensors ständig nachts wachgeklingelt werde.


    Der Messwert von 54 mg/dL mitten in meiner ersten Tiefschlafphase war falsch – da hatte ich wohl ungünstig auf dem Sensor gelegen
  8. Signalverlust. Auch bei Signalverlust zwischen Sensor und App kann man sich warnen lassen. Da ich mein Telefon nicht permanent am Körper tragen mag, habe ich die Alarme bei Signalverlust nicht aktiviert, weil es sonst einfach permanent bimmeln würde. Im Grunde reicht es, den Raum zu verlassen, in dem mein iPhone liegt, damit das Signal verlorengeht (Abbott gibt die Entfernung mit 6 Metern an). Das hat den Effekt, dass mir beim Wiedereintritt in die Sensoratmosphäre nicht sofort wieder in Messwert angezeigt wurde. Meist empfing die App binnen einer Minute wieder Signale vom Sensor und zeigte den jeweiligen Wert an, doch ab und zu dauerte es auch zwei bis drei Minuten. Das ist vor allem dann etwas nervig, wenn ich z. B. vom Kochen in der Küche ins Wohnzimmer komme, wo mein iPhone vor sich hindöst. Weil das Essen gleich fertig ist, will ich fix meinen Bolus spritzen. Doch die App braucht eine Weile, um ein Signal vom Sensor zu empfangen – und genau so lange kenne ich meinen aktuellen Glukosewert nicht und weiß entsprechend auch nicht, wie viel Bolus ich abgeben sollte. Mit dem FSL2 hätte ich einfach über den Sensor scannen und sofort den Wert sehen können. Doch das ist ein eher kleines Manko gegenüber dem ansonsten sehr angenehmen Komfort der automatischen Datenübertragung.


    Wenn man sich zu weit vom Smartphone entfernt, verliert die App das Signal des Sensors und kann erst einmal keine Messwerte anzeigen.

Mein Fazit: Ich war sehr zufrieden mit meinem FSL3-Testlauf und freue mich darauf, das neue System bald statt des FSL2 zu verwenden. Es ist übrigens erstaunlich, wie schnell man sich an dieses neue WENIGER an Material und Arbeitsschritten gewöhnen kann: Kaum hatte ich meinen nächsten FSL2-Sensor angebracht, hatte ich auf einmal das Gefühl, dass er doch ganz schön groß und klobig ist. Und als ich die ersten Werte damit abrufen wollte, rief ich die App auf und starrte erst einmal eine Weile aufs Display, bevor ich kapierte, dass ich ja nun wieder scannen muss. 🙂

*Ich habe das Testpaket mit einem Sensoren des FSL3 unentgeltlich vom Unternehmen Abbott erhalten. Mit der Lieferung waren keine besonderen Bedingungen verknüpft. Weder habe ich mich verpflichtet, überhaupt über meinen Test zu berichten, noch gab es Vorgaben, wie ich zu berichten habe. Dieser Beitrag spiegelt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke wider.

164 Kommentare zu “Erste Erfahrungen mit dem Freestyle Libre 3: Darf’s ein bisschen weniger sein?

  1. Heute ist es mal wieder soweit: das Libre 3 zeigt eine Unterzuckerung an (54 mg/dL), eine Messung an der Fingerbeere ergibt 134 mg/dL. Das ist schon ein krasser Unterschied. Ich werde das über den Tag weiter verfolgen.

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  2. Das der 3er Sensor flacher und kleiner ist, ist wirklich der einzige Vorteil. Ich steige nach der Benutzung des 3er nach einem halben Jahr wieder auf Libre 2 um.
    Ich wohne in einem EFH und trage das Lesegerät nicht immer bei mir. Fazit: ständig Signalverlust. In der Sauna nach erstem Saunagang ging der Sensor nicht mehr. Dieses Problem hatte ich beim 2er nie. Der 3er klebt auch nicht so gut wie der 2er. Warum kann ich nicht mit dem 3er beides gleichzeitig benutzen, Lesegeät u. IPhon.
    Wenn ich Sport mache, nehme ich doch nicht mein schweres IPhon mit. Das geht aber beim 2er? Entweder das IPhon oder das Messgerät. Ich bin vom 3 er Sensor nicht überzeugt, weil er auch nicht so genaue Daten liefert wie sein Vorgänger. Diese Entwicklung Sensor 3 hätten sie sich sparen können.
    Den 3er Sensor in der augenblicklichen Entwicklungsstufe werde ich nicht mehr benutzen. Es ist schade, wenn ein Neuentwicklung schlechter geworden als sein Vorgänger.

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  3. Ich nutze seit vielen Jahren Libre 2. Habe nun den 3er getestet und beide parallel laufen lassen. Die Werte wichen erheblich voneinander ab. Die Blutwerte bestätigten mir dann, dass die Werte des 2er wesentlich genauer waren. Die 3er Werte waren wesentlich zu hoch. z.B. Blutwert 62, 2er Wert 72, 3er Wert 95. Diese Abweichungen hatte ich häufig. Die 3er Werte waren immer zu hoch; was das Risiko einer Unterzuckerung führte. Habe dann einen neuen Ersatzsensor erhalten. Aktuell messe ich wieder auf allen drei Wegen. Es ist weiterhin so, dass die 3er Werte viel zu hoch sind. Die Anwendung als solches finde ich wirklich gut, jedoch die zu hohen Werte kann ich nicht nachvollziehen und sind nicht akzeptabel. Werde es weiter beobachten.

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    • Das könnte an der Platzierung des Sensors am Oberarm liegen. Ich stelle auch fest, dass je nach Position der Sensor seltsame Werte misst. drum vergleiche ich nach Anbringen eines neunen Sensors erst einmal etwas mit dem Stech-Werten.

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