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Von wegen zuckerkrank – ein Blog über glückliches Leben, leckere Ernährung und Sport mit Typ-1-Diabetes

„Diabetes ist vermeidbar“ – Ich kann es nicht mehr hören!

3 Kommentare

Neulich am 7. April war ja Weltgesundheitstag. Dieses Jahr stand er ganz unter dem Motto Diabetes. Und folglich quoll mein Mail-Eingangsfach über mit Pressemitteilungen von Hinz und Kunz, die alle etwas zu diesem wichtigen Thema zu sagen hatten. Die Grünen titelten „Diabetes ist vermeidbar – mit Gesundheitsförderung und guter Behandlung“ und haben leider bis heute nicht auf meine Bitte um mehr Differenzierung reagiert.

Es gibt nicht „den Diabetes“ und schon gar keine Patentrezepte zur Vermeidung, Behandlung oder Heilung. Viele Menschen wissen das nicht und werfen munter Typ-1- und Typ-2-Diabetes in einen Topf (von den vielen weiteren Subtypen wollen wir jetzt gar nicht erst anfangen und nicht noch mehr Verwirrung stiften). Der breiten Öffentlichkeit mache ich diese Wissenslücken nicht zum Vorwurf – schließlich kenne ich mich mit anderen Erkrankungen als meiner eigenen auch herzlich wenig aus. Doch von Gesundheitspolitikern erwarte ich in diesem Punkt schon ein bisschen mehr Differenzierung. Ihre Äußerungen werden gehört und vor allem mit dem Ziel getätigt, die Politik in diesem Land zu beeinflussen.

Aus diesem Grund ärgerte ich mich am 6. April 2016 ziemlich über eine Pressemitteilung der Grünen, mit der die Partei auf den Weltgesundheitstag am 7. April 2016 mit dem Schwerpunktthema Diabetes aufmerksam machen wollte. Hier einmal die Pressemitteilung im Wortlaut:

Weltgesundheitstag: Diabetes ist vermeidbar – mit Gesundheitsförderung und guter Behandlung

Anlässlich des morgigen Weltgesundheitstages unter dem Schwerpunkt Diabetes erklärt Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft:

Diabetes ist weltweit auf dem Vormarsch. Allein in Deutschland sind bereits mehr als sechs Millionen Bundesbürger an Diabetes mellitus erkrankt. Um zu verhindern, dass diese Volkskrankheit, wie von der WHO befürchtet, bis zum Jahr 2030 zu den sieben weltweit führenden Todesursachen zählt, braucht es eine umfassende Strategie. Nur mit einem Dreiklang aus mehr Gesundheitsförderung, guter Versorgung der Betroffenen und besserer Kooperationen zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen lässt sich Diabetes eindämmen.

Gesundheitsförderung ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft. Leider hat die schwarz-rote Bundesregierung diese Chance mit ihrem Präventionsgesetz verstreichen lassen. Gerade bei Diabetes ist es enorm wichtig, dass der Blick nicht nur auf die Krankheit selbst verengt wird. Stattdessen müssen wir allen Menschen ermöglichen, Gesundheitskompetenzen zu entwickeln und die Möglichkeiten schaffen, ein gesundes Leben führen zu können. Deshalb müssen die Lebenswelten gestärkt werden, um gesunde Ernährung, Bewegung und Stressreduktion zum festen Bestandteil in Kitas, Schulen, Betrieben, Pflegeeinrichtungen und Stadtteilen zu machen. Bei der bisherigen Umsetzung des Präventionsgesetzes hat sich die Bundesregierung nicht mit Ruhm bekleckert. Viele Fragen sind noch völlig offen, beispielsweise die regionale Vernetzung oder ob Partizipation fester Bestandteil integrierter Konzepte wird. Nur so wird letztendlich auch Diabetes zu stoppen sein.

Dringend notwendig sind auch eine Verbesserung der Behandlung, die Prävention schwerer Verläufe und optimale Informationen für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe ist das Zauberwort. Eine gute Diabetesversorgung ist Teamarbeit. Hausärzte, Fachärzte, Diabetologen, Podologen, Ernährungsberatung, Fachkliniken und Schulungseinrichtungen müssen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ansetzen. Die Volkskrankheit Diabetes wird man nur bekämpfen können, wenn alle Akteure im Gesundheitswesen, in der Wissenschaft und in der Politik mit den Patientinnen und Patienten an einem Strang ziehen. Es geht nicht darum, mehr als bisher zu machen. Es geht darum, besser und wirksamer zu werden.

Die Fraktionspressestelle auf Twitter: @GruenSprecher

Pressestelle
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Deutschen Bundestag
Dorotheenstraße 101, 10117 Berlin
T: +49 (30) 227 57211 F: -56962
presse@gruene-bundestag.de

Ihr könnt euch vermutlich schon denken, was mich an dieser Pressemitteilung störte. Ich schrieb der Pressestelle also folgende Mail:

Liebe Grünen-Pressestelle,

eine kleine Bitte bzw. Anregung zu Ihrer heutigen Pressemitteilung, wonach Diabetes mit Gesundheitsförderung und guter Behandlung vermeidbar ist: Bitte differenzieren Sie doch zwischen Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes.

Es ist richtig, dass Typ-2-Diabetes häufig (!) durch einen gesunden Lebensstil vermeidbar ist. Typ-1-Diabetes (an dem ich z. B. vor 6 Jahren erkrankt bin) ist es leider nicht. Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, über deren Ursachen und genaue Entstehung noch Unklarheit besteht. Sie lässt sich durch gesunden Lebensstil und Prävention leider nicht vermeiden. Allzu oft werden aber beide Diabetestypen in der öffentlichen Wahrnehmung in einen Topf geworfen. Und dann müssen sich Typ-1-Diabetiker Sätze anhören wie „Du hast wohl als Kind zu viel genascht!“ oder „Mit ein bisschen mehr Bewegung und gesunder Ernährung lässt sich das wieder in den Griff kriegen!“, was im Alltag ebenso belastend wie nervig sein kann.

Für Typ-1-Diabetes gibt es bislang weder Prävention noch Heilung, nur Behandlung mit Insulin. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Unterscheidung in Ihrer Pressearbeit künftig berücksichtigen würden. Für Rückfragen oder Beratung zum Thema stehe ich gern zur Verfügung – ich bin nicht nur Typ-1-Diabetikerin, sondern auch Medizinjournalistin und Diabetes-Bloggerin (siehe Link unten). Danke!

Mit freundlichen Grüßen
Antje Thiel

Leider habe ich auch auf meine erneute Nachfrage hin keine Antwort auf meinen Hinweis bekommen. Schade!

3 Kommentare zu “„Diabetes ist vermeidbar“ – Ich kann es nicht mehr hören!

  1. Pingback: Weltdiabetestag: Die Grünen differenzieren nun besser als noch im April | Süß, happy und fit

  2. Die Öffentlichkeit interessiert es nicht im geringsten ob jemand ab Diabetes oder sonst einer Krankheit leidet und Politiker erst recht nicht lassen NUR Worthülsen vom Stapel um sich zu profilieren leider ist das so und wird sich auch nicht ändern jeder der krank ist muss sich selbst helfen oder Selbsthilfegruppen teilnehmen und das beste für sich drauß machen.

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  3. Hallo Antje,

    leider geht es den Schreibern dieser Artikel nur darum viel Aufmerksamkeit zu erregen und nicht wirklich darum aufzuklären. Sie sind sich leider nicht wirklich bewusst, dass sie damit bestimmte Vorurteile nur noch verstärken und v.a. Kinder dadurch häufig Mobbing-Attacken erleben müssen.
    In Bayern hatten wir einmal auch das Jahr des Diabetes und auf meine öffentliche Anfrage an unsere Bayerische Gesundheitsministerin Fr. Huml, bekam ich nur das Statement: Sie ist Ärztin, sie weiß von was sie spricht. Prima, ich bin Mutter einen Kindes mit Diabetes Typ 1, ich glaube ich weiß viel besser wovon ich spreche.

    Diabetes und richtige Berichterstattung, davon sind wir leider noch weit entfernt.

    Liebe Grüße Kathy
    http://www.kinder-mit-typ1-diabetes.de

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