Manchmal kann einen das Umfeld mit seinen Sprüchen ganz schön in Erstaunen versetzen, wenn es um den Diabetes geht. Ich habe einmal ein paar besonders krasse Beispiele für diesen „Wow-Effekt“ zusammengetragen – doch ich bin sicher, ihr habt auch eine Menge davon auf Lager!
Man sieht mir nicht unbedingt an, dass ich Diabetes habe – wie auch, denn eine Bauchspeicheldrüse, die ihren Geist aufgegeben hat, steht einem schließlich nicht ins Gesicht geschrieben. Und so reagieren Menschen manchmal überrascht, gelegentlich sogar sehr ungewöhnlich oder lustig, wenn sie von meiner Erkrankung und meinem Umgang damit erfahren. Ich will euch nun gar nicht mit den üblichen Sprüchen wie „Mein Schwager hat seinen Diabetes ja mit ganz viel Sport wieder wegbekommen“ oder „Tut das nicht weh, sich selbst zu spritzen?“ langweilen, die jeder von euch sicherlich schon mehr als nur einmal in verschiedenen Varianten gehört hat. Sondern euch meine ganz persönlichen positiven wie negativen Highlights präsentieren.
Wir fangen mal mit den nervigen Sprüchen an:
Da war zum Beispiel die eine Freundin, die sich relativ bald nach meiner Diagnose – für mich waren das ganze Berechnen von Kohlenhydraten, der Spitz-Ess-Abstand und das Insulinspritzen auch noch sehr neu und ungewohnt – einmal von mir mein neues Mahlzeitenprozedere erklären ließ. Und mir dann im Brustton der Überzeugung mitteilte: „Also für mich wäre das ja nichts!“ Ich glaube eigentlich nicht, dass ich den Eindruck vermittelt hatte, als habe ich mir den Diabetes ganz bewusst aus einem Katalog ausgesucht, weil er einfach die perfekte Krankheit für mich ist. Hochgradig unsensibel fand ich diese Reaktion.
Keinen Deut besser gefiel mit die Reaktion eines knapp zehnjährigen Jungen, der mich einmal beim Messen und Insulinspritzen beobachtete und mir erzählte: „In meiner Klasse ist auch ein Mädchen, das Diabetes hat. Sie saß erst neben mir. Doch ich fand, dass das Insulin so blöd riecht und wollte nicht länger neben ihr sitzen.“ Als ich dem Jungen sagte, dass das Mädchen doch bestimmt traurig darüber war, zuckte er nur mit den Achseln: „Trotzdem.“ Ich hätte am liebsten der Mutter des Jungen ein paar Takte über die Erziehung zu Rücksicht und Empathie erzählt.
Im Kunstmuseum wurde mir einmal untersagt, meine Handtasche mit in die Ausstellung zu nehmen, in der ich auch mein Diabetestäschchen mit allen notwendigen Utensilien transportiere. Auch meine Erklärung, dass ich die Sachen brauche, um als Diabetikerin zwischendurch einmal meinen Blutzucker checken zu können, fruchtete nicht. Vielmehr erklärte mir der Wachmann, er nehme selbst auch eine Reihe Medikamente, die er ebenfalls nicht mit in die Ausstellung nehmen dürfe. Grrrmpf.
Aber ich kann zum Glück auch witzige Begebenheiten zum Besten geben:
Als ich bei einem 10-Kilometer-Lauf meine Sachen vor dem Start in der Turnhalle deponierte und noch einmal mit dem Accu-Chek Mobile meinen Blutzucker maß, schaute mir ein anderer Läufer neugierig über die Schulter und fragte: „Sag mal, bringt das eigentlich was?“ Ich war verdutzt und sagte: „Also für mich bringt das ganz entscheidend viel, ich habe nämlich Diabetes!“ Er hatte mich für einen dieser Freaks gehalten, die vor Wettkämpfen ihren Blutzucker messen, obwohl sie überhaupt keinen Diabetes haben – was auch immer sie sich davon versprechen.
Als ich im vergangenen Herbst meinen Kraulkurs im hiesigen Schwimmbad absolvierte, trug ich bereits das Freestyle Libre, um meinen Glukoseverlauf zu kontrollieren. Das Libre war kurz zuvor erst auf den Markt gekommen und hatte für eine Menge Medienwirbel gesorgt. Die Schwimmtrainerin entdeckte den Sensor an meinem Oberarm und fragte beeindruckt: „Wow, ist das dieses coole Teil zum Zuckermessen, über das neulich bei n-tv berichtet wurde?“ Kein Wort darüber, ob ich mit Diabetes gefahrlos am Schwimmtraining teilnehmen kann, einfach super.
Doch den bislang lustigsten Spruch durfte ich erst gestern beim Lauftraining hören. Da es so langsam wärmer wird, trug ich ein kurzärmeliges Laufshirt, so dass man auch hier den Sensor des Freestyle Libre deutlich sehen konnte. Ein anderer Läufer bemerkte ihn und meinte zu mir: „Hey, du hast vergessen, die Diebstahlsicherung von deinem Arm entfernen zu lassen!“
Welche lustigen oder traurigen Reaktionen durftet ihr euch schon anhören? Ich bin gespannt!
20. April 2021 um 15:58
Hallo, die Website gefällt mir richtig gut. Vor allem das Thema Von Top bis Flop: Die coolsten und die dümmsten Sprüche zu meinem Diabetes, finde ich wirklich großartig!
Danke dafür und liebe Grüße.
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20. April 2021 um 16:25
Dankeschön, freut mich, dass dir mein Blog gefällt! Weiter viel Spaß beim Lesen! 🙂
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Pingback: #DBW2015: Über die leidige Routine des Blutzuckermessens | Süß, happy und fit mit Diabetes Typ-1
8. September 2015 um 21:52
Zum Thema Libre und „Chip am Arm im Hochsommer“:
„Das ist für meinen Bewährungshelfer, der weiß dann immer wo ich bin.“
Das Gesicht des (nervigen) Busnachbarn mit offensichtlicher Intelligenzallergie hatte Seltenheitswert. Geb zu, meinereiner war nicht besonders gut gelaunt.
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23. Mai 2015 um 23:38
Mein kleiner ist 3 und seit 1,5 Jahren im Club der externen Bauchspeicheldrüse… Welchen Spruch ich täglich höre und inzwischen hasse?! „Oh mein Gott, da darf er ja nie Schokolade essen!“ Schade, dass er noch nicht alt genug ist um die Leute selbst auszulachen!!!
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Pingback: Inolin sprizen oder sterben: Wie mein Neffe und meine Nichte Diabetes spielten | Süß, happy und fit!
23. Mai 2015 um 2:50
Gerade vor zwei Tagen in der Kantine: „hast du schon mal Homöopathie versucht?“ Kurz vorher hatte ich das mit den zerstörten Zellen erklärt. Ich meinte dann zu ihm, ob er seine Nase damit nachwachsen lassen könne, wenn ich ihm die jetzt abschneiden würde…. Der Blick war unbezahlbar… 😉
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23. Mai 2015 um 1:42
Als ich einen Freund meines Sohnes, beide damals etwa 6 Jahre alt, mit den Worten: „er muss erstmal seinen Blutzucker messen“ vertröstete, bekam ich als Antwort: „ich will auch was Süßes essen.“ Irgendwie kam wohl nicht alles richtig an.
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