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Vorläufiges Aus für die Kostenerstattung beim Freestyle Libre

8 Kommentare

Nun ist es amtlich: Die Techniker Kasse wird ihren Versicherten die Kosten für das Glukosemesssystem Freestyle Libre künftig nicht mehr erstatten. Hintergrund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts von Juli 2015.

In den vergangenen Wochen wurde in den einschlägigen Facebook-Gruppen viel über die Gründe dafür gemunkelt, dass die Techniker Krankenkasse neuerdings keine Kostenerstattung für das Freestyle Libre mehr bewilligt. Die Kasse hatte als erste gesetzliche Krankenkasse Versicherten mit Typ-1-Diabetes generell zugesagt, die Kosten für das neue Messsystem mit bis zu 95 Euro pro Monat zu bezuschussen.

Urteil des Bundessozialgerichts entfaltet seine Wirkung

Da ich in der Vergangenheit bei diversen Presseveranstaltungen immer wieder mal Kontakt zu verschiedenen Experten aus der Zentrale der Techniker Krankenkasse hatte, konnte ich nun mit einer TK-Hilfsmittelexpertin über das Thema sprechen. Sie möchte zwar namentlich nicht auf meinem Blog genannt werden, stand mir aber bereitwillig Rede und Antwort. Im Wesentlichen bestätigte sie, was auch auf Facebook immer wieder diskutiert wurde: Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Juli 2015 (Aktenzeichen B3 KR 5/14 R) mit dem sperrigen Titel „Krankenversicherung – Hilfsmittel (hier Continuous Glucosemonitoring System für Diabetiker) – Bestandteil einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode – Leistungspflicht erst ab positiver Bewertung durch Gemeinsamen Bundesausschuss“ ist der Hintergrund für den jüngsten Wandel in der TK-Erstattungspraxis.

Glukosemessung im Unterhautfettgewebe, nicht im Blut

In dem BSG-Urteil ging es zwar nicht um das Freestyle Libre, sondern um das Continuous Glucosemonitoring System (CGM), doch das ist auch gar nicht der entscheidende Punkt. Es ging dem BSG vielmehr um die Frage, ob es sich bei der Glukosemessung mittels CGM um ein grundsätzlich neues Untersuchungsverfahren handelt oder nicht. Schließlich misst ein CGM nicht den Glukosegehalt im Kapillarblut, sondern im Unterhautfettgewebe. Das oberste Gericht vertritt nun die Auffassung, dass es sich dabei um eine grundsätzlich neue Methode der Glukosemessung handelt. Deshalb muss zunächst der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Rahmen einer Nutzenbewertung entscheiden, ob die Methode derart viel Zusatznutzen für den Patienten birgt, dass sie künftig zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden darf.

G-BA muss Nutzenbewertung für neue Verfahren abgeben

Diesen Weg muss normalerweise jedes neue Hilfsmittel gehen, bevor es in den GKV-Hilfsmittelkatalog aufgenommen wird. Nur Hilfsmittel, die nicht mit einer grundsätzlich neuen Methode arbeiten, können auch ohne Nutzenbewertung des G-BA aufgenommen werden. Wie wir alle wissen, wird auch beim Freestyle Libre nicht der Glukosegehalt im Blut, sondern im Unterhautfettgewebe gemessen. Das Verfahren dürfte also ebenso bewertet werden wie ein CGM, auch wenn es im Alltag ein paar Funktionen weniger als ein CGM bietet.

Nach dem Bewilligungszeitraum läuft die Erstattung aus

„Unmittelbar nach dem Urteil im Juli hat sich bereits das Bundesversicherungsamt bei uns gemeldet und sich nach unserer Erstattungspraxis beim Freestyle Libre erkundigt“, erzählte mir die Expertin. „Wir haben das Urteil dann intern rechtlich geprüft. Inzwischen ist es auch veröffentlicht, und wir sehen derzeit keine Möglichkeit, unseren Versicherten das Freestyle Libre weiterhin zu bezahlen.“ Alle Versicherten, denen die Erstattung von bis zu 95 Euro pro Monat für 12 Monate bewilligt wurde, könnten bis zum Ende der Laufzeit noch Rechnungen zur Erstattung einreichen, „doch danach läuft die Erstattung aus“, bedauerte sie.

Auch andere Kassen müssen vermutlich einlenken

Ihrer Einschätzung nach dürften es auch andere gesetzliche Krankenkassen nun schwer haben, ihren Versicherten die Kosten für das Freestyle Libre weiterhin zu erstatten, „ich kann natürlich nicht für andere Kassen sprechen, aber auch Einzelfallbewilligungen dürften eigentlich nicht mehr möglich sein.“ Allerdings gebe es eine Reihe von Betriebskrankenkassen (BKK), die in weniger als drei Bundesländern vertreten seien und deshalb nicht der bundesweiten Kontrolle des Bundesversicherungsamts unterlägen. „Diese Kassen unterliegen dann den Länderaufsichten, und die handhaben manches unterschiedlich streng“, sagte die Hilfsmittelexpertin.

Fazit für mich: Ich werde ab März 2016 die Sensoren für mein Freestyle Libre leider vollständig selbst finanzieren müssen. Ich hoffe aber, dass der G-BA nun zügig eine Nutzenbewertung abgibt, nach der das Freestyle Libre in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen wird.

8 Kommentare zu “Vorläufiges Aus für die Kostenerstattung beim Freestyle Libre

  1. Es scheint auf jeden Fall Bewegung in das Verfahren zu kommen – das habe ich gerade auf der Seite des G-BA gefunden:

    https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2455/

    Hoffentlich wird Abbott sich dem Verfahren anschließen.

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  2. Pingback: Freestyle Libre: TK zahlt nicht mehr, Barmer neuerdings doch | Süß, happy und fit

  3. In dem Urteil steht mann könne ja auch alle 5 min mit einem herkömmlichen blutzuckermessgerat messen. Was sagt die Krankenkasse dazu. Ich denke ich werde mal versuchen die dafür benötigten testsstreifen zu bekommen. Müssten dann so 150 am tag sein also ca 13000 im Quartal macht ca. 7000 Euro.
    Wenn das alle machen ist die kk vermutlich schnell wieder bereit das libre zu erstatten.

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  4. Was ist 30 Jahre Diabetes Typ 1 . Pro tag 5-10 mal Bz messen x Tage mal 30 Jahre . Oh wo sind die Finger . Man Arbeit kein Problem , aber Job mit Risiko und keinen stand von seinem Bz . Scheiße schon wieder knapp dem Unfall entkommen. Cgm zeigt mir meinen Verlauf , wäre super ich brauche keine angst mehr zu haben . Super …..

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  5. „Ich hoffe aber, dass der G-BA nun zügig eine Nutzenbewertung abgibt, nach der das Freestyle Libre in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen wird.“

    Diabetiker aller Bundesländer und Typen vereinigt Euch und macht dem B-GA Druck kann ich da nur sagen…

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  6. Nun, die TK ist aber auch eine der ersten Krnkenkassen, die diesmal den Zusatzbeitrag einführen, bzw. erhöhen wollen. Und schon haben die so mit Preiserhöhung bedrohten Mitglieder die Chance, zu wechseln.

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  7. Auch wenn´s abzusehen war. Ärgerlich bleibt es allemal. Vor allem für die, die deswegen die KK gewechselt haben. Für die TK hat sich die Aktion sicher gelohnt. Dort hat man vermutlich nun mehr Diabetiker unter den Mitgliedern und bekommt so auch mehr aus dem großen Topf aus dem sich alle KK´S nähren. Aber das ist bestimmt nur ne Verschwörungtheorie. 😉

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