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Von wegen zuckerkrank – ein Blog über glückliches Leben, leckere Ernährung und Sport mit Typ-1-Diabetes

Vermisstenanzeige: Wo sind mindestens 100 Gramm Kohlenhydrate abgeblieben?

5 Kommentare

Gestern habe ich eine kleine Ausfahrt mit meinem Rennrad gemacht. So eine Aktivität erfordert Extra-Kohlenhydrate, keine Frage. Doch gleich so viel? Hier brauche ich mal den Rat der Schilddrüsen-Erfahrenen: Kann das damit zusammenhängen, dass Thiamazol seine Wirkung entfaltet?

Mit dem Rennrad nach Kollmar macht hin und zurück etwa 34 Kilometer. Anderthalb Stunden habe ich mir gestern dafür Zeit gelassen, war also (vor allem weil es recht windig war) nicht wirklich schnell unterwegs. Im Normalfall brauche ich für diese Strecke etwa 30 Gramm Extra-Kohlenhydrate, was ziemlich genau zwei Kugeln Eis in der Waffel entspricht, die man praktischerweise direkt am Deich in Kollmar kaufen kann. Doch gestern hatte ich anscheinend irgendwo eine undichte Stelle, in der die Kohlenhydrate versickerten.

Hier findet ihr mal meinen Glukoseverlauf des gestrigen Tages, wie ihn mein Freestyle Libre mir darstellt:

Glukoseprofil 180617

Am Nachmittag gegen 15 Uhr hatte ich Hunger, weil ich noch nichts zu Mittag gegessen hatte. Weil ich bald darauf mit dem Rennrad losfahren wollte, spritzte ich für die ca. 35 Gramm Kohlenhydrate (Haferflocken mit Milch, Obst und Chiasamen) nur 1,5 statt der normalerweise angezeigten 3,5 Insulineinheiten. Der Plan: Damit sollte der Zucker ausreichend hoch steigen, damit ich Sport treiben kann – gleichzeitig sollte genug Insulin im Blut sein, damit die Glukose auch in die Zellen gelangt. Zumindest hatte es sich in der Vergangenheit für mich bewährt, nach einer längeren Nüchternphase nicht ohne einen klitzekleinen Bolus zu starten.

Glukosewert auf Talfahrt bei einer Rennradtour im flachen Norden

Anfangs ging der Plan auch ganz gut auf: Zum Start meiner Rennradausfahrt hatte ich einen Zuckerwert von 239 mg/dl, den ich gern fix ein wenig herunterfahren wollte. Was auch gelang: Schon auf halber Strecke nach Kollmar rauschte der Wert in den Keller. Erst 113, kurz darauf 104 mg/dl, beide Male mit stark sinkender Tendenz, also Pfeil nach unten. „Mist“, dachte ich, „damit werde ich es wohl nicht bis zur Eisdiele in Kollmar schaffen…“ Ich lutschte also ein Dextro-Gel (28 Gramm Kohlenhydrate) leer, das ich in meiner kleinen Provianttasche am Rennrad mitgenommen hatte. Bis Kollmar sank der Wert sogar noch auf 67 mg/dl, was mich allerdings nicht weiter beunruhigte, weil ich ja weiß, dass der Sensor mir die Glukosewerte mit einer Verspätung von etwa 10 bis 15 Minuten anzeigt. Das Gel würde schon seine Wirkung entfalten, dachte ich, und ging davon aus, dass ich für mein Eis einen kleinen Bolus würde spritzen müssen. Zumindest dann, wenn der Wert wieder zu steigen beginnen würde.

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Ein Dextro-Gel, ein Eis und eine ganze Tafel Schokolade ohne Bolus – hä?

Der Wert stieg aber nicht. Vor meinen zwei Kugeln Eis in der Waffel (ca. 30 Gramm Kohlenhydrate) lag er bei knapp über 100 mg/dl und kletterte auch nach der Rennradtour nur bis 128 mg/dl, um dann wieder zu fallen. Ich war misstrauisch. Manchmal sind ja selbst vermeintlich gut bekannte Lebensmittel wie Eiskrem tückisch und machen sich erst Stunden später auf den Weg, den Glukosewert zu beeinflussen. Dieses Mal allerdings nicht, das Gel und das Eis verpufften einfach irgendwo. Abends brutzelte ich mir ein Fertigessen, weil ich allein keine Lust zu kochen hatte. Eine Frosta-Paella enthält 67 Gramm Kohlenhydrate, für die ich  bei meinem praktischen KE-Faktor von 1 normalerweise 6,5 IE spritze. Gestern reduzierte ich den Bolus wegen der vorangegangenen Aktivität vorsorglich auf 5. Und „musste“ am Abend noch eine ganze Tafel Schokolade hinterherschieben um den Zucker stabil zu halten (ganz schlimmes Schicksal, ich weiß… 🙂 ). Beim Schlafengehen lag mein Glukosewert bei 91 mg/dl, und insgeheim rechnete ich damit, dass er über Nacht wegen der Schokolade noch einmal gehörig ansteigen würde.

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Hat dieser massive Kohlenhydratverbrauch was mit meiner Schulddrüse zu tun?

Doch Pustekuchen, der Zuckerwert lag die ganze Nacht vorbildlich konstant zwischen 120 und 139 mg/dl, wie ihr oben sehen könnt. Wo sind die ganzen Kohlenhydrate hin? Ich bin ein wenig ratlos. Meine Frage richtet sich an diejenigen unter euch, die schon mehr Erfahrung mit Schilddrüsenproblemen haben als ich. Kann es sein, dass 6 Tage Thiamazol die aktuelle Überfunktion der Schulddrüse schon so weit heruntergedrosselt haben, dass meine Insulinempfindlichkeit so krass gesteigert ist? Oder ist das möglicherweise ein Zeichen dafür, dass (unabhängig von der Thiamazol-Anwendung) der Umschwung in die Unterfunktion eingesetzt hat? Aktuell gehen wir ja von einer Hashimoto-Thyreoiditis im Anfangsstadium aus, die häufig mit einer Überfunktion beginnt und dann in eine Unterfunktion mündet. Ich werde meine Überlegungen natürlich noch mit meinem Diadoc besprechen, würde mich aber über eure Erfahrungen zu diesem Thema freuen!

5 Kommentare zu “Vermisstenanzeige: Wo sind mindestens 100 Gramm Kohlenhydrate abgeblieben?

  1. Pingback: Jedes Labor misst anders, oder: Mal habe ich Antikörper und mal habe ich sie nicht… | Süß, happy und fit

  2. Ja, die Gels sind schon praktisch. Auch wenn ich sie sündhaft teuer finde. Freut mich, dass dir mein Blog gefällt! 🙂

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  3. Am Sonntag bin ich am Halbmarathon in Breslau gelaufen. Und habe ich dextro energy gel dabei gehabt. Es is wirklich toll. Kein Durchfall, keine Bauchschmerzen und schnelle Wirkung. Danke Dir fur dein Blog. Liebe Grusse.

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  4. Liebe Gundi, danke für den Hinweis! Ich war zwar noch nie bei einer Teupe-Schulung, aber ich habe eine grobe Vorstellung, was es mit der Up/Down-Regulation auf sich hat. Im Moment glaube ich eher, dass es mit der Schilddrüse zusammenhängt, weil ich vor einer Weile, als die Überfunktion sehr akut war, einen für meine Verhältnisse hohen Insulinbedarf (allein 15 IE Basal plus entsprechend erhöhte Faktoren) hatte. Jetzt, wo ich seit 6 Tagen mit Thiamazol die Überfunktion behandele, scheint sich der Insulinbedarf runterzuregulieren, was wohl auch sehr typisch ist. Mein Diadoc meinte als Faustformel: „Schilddrüsenfunktion hoch = BZ hoch bzw. Insulinbedarf hoch, Schilddrüsenfunktion niedrig = BZ niedrig bzw. Insulinbedarf niedrig. Da ich aber gerade an der Schwelle zwischen Überfunktion und manifestem Hashimoto bin (oder sein könnte?), ist das alles ein bisschen spooky, weil ich eben keine Ursache ganz eindeutig ausmachen kann. Ich muss es halt beobachten… 🙂

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  5. Hallo Antje,

    hast du schon mal an eine Up-Regulation der Insulinrezeptoren gedacht? Aus deinem Protokoll vom 17. Juni ergibt sich eine Tages-Gesamtinsulindosis von 18IE, benötigst. du immer so wenig? Hier kannst du mehr erfahren:

    up und down Regulation http://www.chrostek.de/curriculum/up-und-down-regulierung.html?tmpl=component&print=1&page=

    Vor meiner Schulung bei Doc Teupe im Diabetesdorf Althausen in 2014 hatte ich keine Ahnung davon. Hoffentlich hilft es dir weiter.

    LG Gundi

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