Bei der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) Ende Mai 2014 in Berlin gab es auch Tipps, worauf Ärzte im Umgang mit Internet, Social Media und Apps achten sollten.
Ärzte gelten gemeinhin als konservativ, was ihr Verhältnis zu den neuen Medien angeht. Bei den meisten beschränkt sich die Nutzung des Internets auf E-Mail-Korrespondenz und die Recherche in Online-Medien wie Wikipedia, der Literaturdatenbank Pubmed, Leitlinien-Portalen oder Arzneimittel-Datenbanken. Wer Kongresse besucht, lädt sich vielleicht auch die App des Veranstalters herunter, um sich im Kongressprogramm zu orientieren oder auf dem Lageplan die Vortragssäle zu finden. Für die eigene Fortbildung nutzen die meisten Ärzte aber weiterhin am liebsten die klassische Fachzeitschrift oder den direkten Austausch mit Kollegen. Bei der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) Ende Mai 2014 in Berlin, die ich zur Berichterstattung für die Medical Tribune besuchte, gab es für diese klassischen „digital immigrants“ Tipps, worauf sie im Umgang mit Internet, Social Media und Apps achten sollten.
Ärzte unterliegen dem Fernbehandlungsverbot
„Es ist nicht schlimm, wenn der Medizinbetrieb in diesem Punkt der technischen Entwicklung etwas hinterher hinkt“, meinte Dr. Thomas Kleinoeder von der Internetagentur KWHC aus Uelzen. Denn schließlich lauert auf den Arzt im Umgang mit den neuen Medien auch eine Reihe von Fallstricken. „Er muss zum Beispiel das Fernbehandlungsverbot beachten“, mahnte Dr. Kleinoeder. Dazu zählt auch, dass ein Arzt im Internet oder sozialen Netzwerken keine Therapieempfehlungen aussprechen darf. „Weiter muss der Arzt bedenken, mit wem er sich vernetzt und welche Informationen er seinen Kontakten preisgibt. Wie also sollte ein Arzt reagieren, dem ein Patient eine Freundschaftsanfrage schickt? Wie sollte er sich verhalten, wenn ihn ein Patient in Kommentaren auf einen Facebook-Beitrag um medizinischen Rat fragt?“ Einige Antworten hierauf bietet die Handreichung der Bundesärztekammer „Ärzte in sozialen Medien“, in der alle Handlungsempfehlungen anhand – teilweise auch äußerst unterhaltsamer – konkreter Fallbeispiele erläutert werden.
Wer hat sonst noch Zugang zu den Daten in Apps?
Wachsamkeit empfahl Dr. Kleinoeder auch in Bezug auf die Datensicherheit bei Smartphone-Anwendungen. „72 Prozent der Apps nutzen ein sogenanntes Web-Tracking Framework“, sagte er und bezog sich auf eine Erhebung des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie. Hierbei werden in Webseiten und Anwendungen kleine Code-Elemente eingebettet, mit Hilfe derer Daten direkt zu dritten Parteien fließen, den Trackern. „Wer hat sonst noch Zugang zu meinen Daten, wenn ich meinen Blutzucker, meinen Blutdruck, meinen Puls oder meine tägliche Schrittzahl in einer App dokumentiere?“, fragte Dr. Kleinoeder, „haben neben mir selbst und meinen Facebook-Freunden vielleicht auch mein Arzt, meine Krankenkasse, Dienstleister und Amazon Zugriff? Soll Amazon mir umgehend Hosen eine Nummer größer zum Kauf anbieten, wenn ich in einer App notiert habe, dass ich zugenommen habe? Soll meine private Krankenversicherung meine Beiträge erhöhen, weil sie mithilfe von Web-Tracking mitbekommen hat, dass mein Blutzucker nicht gut eingestellt ist?“
Ärzte wollen konkreten Mehrwert für die Therapie sehen
Dr. Kleinoeder riet daher dazu, sich dem Wildwuchs miteinander kommunizierender Apps nicht wahllos auszuliefern. Nichtsdestotrotz können etliche Anwendungen die Kommunikation zwischen Arzt und Patient deutlich erleichtern. So bieten Diabetes-Apps wie zum Beispiel mySugr die Option, Blutzuckerprotokolle mit den dazugehörigen Insulin- und Nahrungsangaben, aber auch Fotos von Mahlzeiten oder Informationen zu Bewegung sowie anderen Besonderheiten als pdf-Datei direkt an den behandelnden Arzt zu mailen. Bei den Zuhörern stießen Dr. Kleinoeders Schilderungen allerdings auf eine gewisse Skepsis: „Wer soll denn nach einem langen Praxistag noch diese Flut an Daten bearbeiten? Und was ist, wenn der Patient mir nachts um drei seine Blutzuckerprotokolle mailt und umgehend eine Antwort erwartet?“, fragte ein Zuhörer und erinnerte auch daran, dass er als Arzt derartige Leistungen nicht separat abrechnen kann. Entscheidend ist aus Sicht der Ärzte daher immer der ganz konkrete Mehrwert für die Therapie – ob die hierfür erforderlichen Daten dann in einem Papiertagebuch vorgelegt werden oder vorab als pdf-Datei per E-Mail eintreffen, ist zweitrangig.