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Weiterbildung beim DVD-Abend: Insulinschocktherapie bei Schizophrenie

3 Kommentare

Gestern habe ich nach langer Zeit wieder einmal „A beautiful mind“ angeschaut, den oscarpreisgekrönten Kinofilm über den Mathematiker John Nash aus dem Jahre 2001. Früher war ich darüber nicht gestolpert, doch dieses Mal stutzte ich angesichts der gruseligen Szenen einer „Insulinschocktherapie“ bei Schizophrenie.

Der Film „A beautiful mind“ handelt von dem brillanten Mathematiker John Nash (1928 bis 2015), der besonders in den Bereichen Spieltheorie und Differentialgeometrie sowie auf dem Gebiet der partiellen Differentialgleichungen arbeitete (was auch immer das ganz genau sein mag). Nash kommt einem – typisches Wunderkind eben – ziemlich schrullig vor, bis sich herausstellt, dass er an Schizophrenie erkrankt ist und paranoide Wahnvorstellungen hat. Er glaubt, vom Geheimdienst mit der Dechiffrierung sowjetischer Militärinformationen beauftragt zu sein und driftet immer weiter ab in eine Welt aus Verschwörungen, geheimen Bombenverstecken und Verfolgungsjagden. Er analysiert vermeintliche implementierte Codes aus Zeitungen und Zeitschriften und tapeziert sein ganzes Büro mit Papierausrissen und Querverweisen. Ich habe den Film seinerzeit im Kino gesehen und war schwer beeindruckt von diesem Zusammenspiel von Genie und Wahnsinn.

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Filmplakat (Creative Commons)

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Zeitungsschnipsel voller vermeintlicher geheimer Codes (Creative Commons)

Alptraum: Mit einer schweren Hypo ans Bett gefesselt

Was mir seinerzeit nicht auffiel, war die Darstellung der Therapie von Nashs Schizophrenie. In einer Szene sieht man, wie Nash an Armen und Beinen auf ein Krankenhausbett festgeschnallt wird, eine Beißplatte zwischen die Zähne geschoben und dann irgendein Medikament injiziert bekommt, das bei ihm nach einer Weile heftige Krampfanfälle hervorruft. Man sieht, wie sich seine Ehefrau entsetzt abwendet und von dem behandelnden Arzt die Information erhält, dies sei eine Insulinschocktherapie, die nun zehn Wochen lang fünfmal pro Woche durchgeführt werden müsse.

Schwere Hypoglykämien gegen psychiatrische Erkrankungen?

Bei dem Stichwort Insulinschocktherapie wurde ich dieses Mal natürlich hellhörig. Dem armen Mann wurde also eine Riesendosis Insulin gespritzt, damit er in eine schwere Hypoglykämie gerät, die ihn von seinen Wahnvorstellungen befreien soll? Tatsächlich glaubten manche Ärzte in den 1930er bis 1950er Jahren an die heilende Wirkung der „Insulinkoma-Therapie“ (auf Englisch insulin coma therapie und abgekürzt ironischerweise ICT genannt) auf psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie, Depressionen oder Drogensucht. Nach 1955 verließ man diese Therapie allerdings wieder, weil sie bei vielen Patienten irreparable geistige Schäden hervorrief.

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Insulindosierungsbuch und Spritzen aus dem Psychiatrischen Landeskrankenhaus Schussenried; ausgestellt im Neuen Kloster Schussenried (Creative Commons)

Gehirn ist auf permanente Glukosezufuhr angewiesen!

Mit allem, was wir heute wissen, können wir uns angesichts solcher Methoden nur vor Entsetzen schütteln. Wird eine schwere Hypoglykämie nicht rechtzeitig durch schnelle Glukosezufuhr beendet, kann das Gehirn dauerhaften Schaden nehmen. Schließlich ist das Gehirn auf permanente Glukosezufuhr angewiesen. Und nun stellt euch einmal vor, ihr habt zehn Wochen lang fünf schwere Hypos (bis ins Koma!) pro Woche. Und ihr könnt nichts dagegen tun, weil ihr ans Bett gefesselt seid. Ich hatte zum Glück noch nie eine so schwere Hypoglykämie, dass ich zu krampfen angefangen hätte oder in Ohnmacht gefallen wäre. Doch extrem unangenehm finde ich das Gefühl allemal. Und würde schier wahnsinnig werden, wenn man mich ans Bett schnallen und so von der Suche nach schneller Glukose abhalten würde.

Da würde ich mich doch lieber mit meiner Schizophrenie und den damit verbundenen skurrilen imaginären Freunden arrangieren als in eine solche zerstörerische Therapie einzuwilligen.

3 Kommentare zu “Weiterbildung beim DVD-Abend: Insulinschocktherapie bei Schizophrenie

  1. Nein leider nicht mehr, ich hätte selber gerne mehr darüber erfahren…

    Lg franzi

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  2. Puh das ist übel! Ich kenne den Film nicht, weil ich lieber lese… Aber wenn ich mir das mal vorstelle, brrrr…
    Ich hatte vor gut 4 Jahren eine schwere Hypo bis zur Ohnmacht und fand das echt nicht so toll, vor allem wenn ich mir vorstelle wie ich mich nur einige Minuten zuvor gefühlt habe (das ging auf einmal ganz schnell)… Schrecklich als wäre der Sensenmann persönlich in mich gefahren…

    Aber von dieser Therapieform hat mir meine Uroma schon erzählt, hat damals als Krankenschwester in einem Sanatorium gearbeitet und da müssen viele gestorben sein, weil die Mengen an zugeführten Insulin teilweise zu hoch waren… Ich kann mir gut vorstellen, dass der Körper da dem Non Diabetiker übel mitgespielt hat, weil der Körper ja genau die richtige Menge Insulin abgibt…
    Auf jeden Fall ziemlich grausam,wenn man sich mal überlegt, das es auch eine Kombinationstherapie gab, die zusammen mit Elektroschocks eingesetzt wurde…

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