Süß, happy und fit

Von wegen zuckerkrank – ein Blog über glückliches Leben, leckere Ernährung und Sport mit Typ-1-Diabetes

Same procedure as every year: Generalprobe für den Triathlon

Ein Kommentar

Es ist für mich mittlerweile eine liebgewonnene Tradition, eine Woche vor dem Hamburger Triathlon eine Generalprobe zu veranstalten. Sprich: alle drei Disziplinen hintereinander weg durchzuziehen. Schwimmen, Radfahren, Laufen. Auch wenn so eine Aktion für das Training als solches absolut verzichtbar ist – ich brauche das für mein Selbstvertrauen.

Gestern also war der Tag. Und im Grunde auch der letzte Tag für echtes Training, denn in den letzten Tagen vor dem Wettkampf soll man es ja ruhig angehen lassen und höchstens noch ein paar winzig kleine, absolut schweinehundgefällige Trainingseinheiten vor sich hinplätschern lassen. Womit wir auch schon beim eigentlichen Thema wären: mein Schweinehund. Der härteste Gegner, den ich beim Sport habe. Diabetes ist pillepalle dagegen.

Schweinehund: „Bäh, das Hallenbad ist immer noch geschlossen!“

Dieser Schweinehund hatte mich in den vergangenen Monaten erfolgreich davon abhalten können, auch nur ein einziges Mal schwimmen zu gehen. Ja wirklich, ob ihr es glaubt oder nicht, ich habe seit März nicht mehr Schwimmen trainiert. Natürlich kann ich alles erklären, wortgewandt bin ich ja. Es war zum einen so, dass das Elmshorner Hallenbad immer noch geschlossen ist, weil alle Beteiligten (Stadtverwaltung, Stadtwerke, Fraktionen der Parteien) immer noch munter diskutieren, ob das Hallenbad abgerissen und neu gebaut oder saniert werden soll. Bei einem Neubau könnte man alles noch einmal ganz neu denken, eine Sanierung wäre wenigstens ein paar Milliönchen billiger. Die Diskussion zog und zog sich. Währenddessen konnten auch Normalsterbliche im Winter in der Traglufthalle trainieren, die nach Abschluss der Freibadsaison über das 50-Meter-Becken installiert wird und die normalerweise den Vereinen vorbehalten ist. Inzwischen ist das Freibad wieder geöffnet, eigentlich alles wie immer.

„Du warst so lange nicht mehr da, du kennst dich gar nicht mehr aus!“

Mein Schweinehund reagierte allerdings sensibel auf das viele Hin und Her in Sachen „Schwimmbad Elmshorn“ und fand die Aura irgendwie so ungemütlich, dass er mich nicht so gern dorthin lassen wollte. Ab irgendeinem Zeitpunkt, als ich schon etliche Wochen lang das Schwimmtraining geschwänzt hatte, behauptete mein Schweinehund dann unverblümt: „Du hast inzwischen längst vergessen, wie man vom Eingang zum Schwimmbecken gelangt und wo die Umkleiden sind – das könnte peinlich werden!“ (Dazu muss man wissen, dass man im Elmshorner Freibad erst den Kassenbereich des Hallenbades passieren muss, dann das Gebäude verlässt und durch den Krückaupark etwa 100 Meter über eine Holzbrücke zur „Freibadinsel“ gelangt. Das habe ich aber durchaus drauf. Und wenn ich mich verlaufe, kann ich fragen.) Ganz bestimmt sei meine Zehnerkarte inzwischen abgelaufen, und den einen Euro für den Garderobenschrank hätte ich bestimmt auch nicht griffbereit.

Schweinehund

„Bei schönem Wetter nerven die Kinder, bei Schlechtwetter ist es zu kalt!“

Immer wenn ich diese Einwände als lächerlich abtun wollte, fuhr mein Schweinehund weiteres Geschütz auf: „Heute ist gutes Wetter, da kommen dann die ganzen Kinder und bevölkern das Schwimmerbecken. Du wirst gar keine Gelegenheit zum Bahnenschwimmen haben, und dieses kinderkreischige Hintergrundgeräusch ist doch total nervig!“ Wenn es regnete, befand mein Schweinehund folgerichtig: „Klar, heute wird es nicht voll sein, aber findest du es nicht ziemlich frisch? Und bei Regen durch den Krückaupark über die Brücke… da wirst du doch ganz nass!“

„Du hast keine Schwimmbrille, keine Badelatschen, kein Duschgel dabei!“

Irgendwie hat sich das blöde Vieh dann wochenlang durchgesetzt. Bis also gestern der allerletzte mögliche echte Trainingstag gekommen war. Hilft nix, eine Generalprobe muss sein. Ich machte mich also todesmutig auf den Weg. Um vor Ort im Freibad festzustellen, dass ich tatsächlich einiges an Routine eingebüßt hatte. Denn ich hatte sowohl meine Schwimmbrille, also auch meine Badelatschen und mein Duschgel vergessen. 1:0 für dich, Schweinehund, ganz schön peinlich! Ich zog mein Training trotzdem durch. 1.000 Meter Schwimmen in 30 Minuten fand ich okay. (Und hatte keine Schwierigkeiten, den Weg zu finden oder Garderobenschrank zu verstehen. Noch besser: Es war richtig schön, endlich mal wieder zu schwimmen!) An meinem Zucker merkte ich allerdings, dass ich die Belastung nicht mehr so recht gewohnt war: Er rauschte während der 20 Bahnen von 179 mg/l auf 87 mg/dl (mit sinkender Tendenz) herunter. Macht nix, dafür wurden schließlich Gummibärchen, Schokolade und Traubenzucker erfunden.

Der Schweinehund läuft gewissenhaft Patrouille vor der Schmerzgrenze

Ab nach Hause und in die Radklamotten wechseln. Mein Zucker war inzwischen auf 137 mg/dl angestiegen, damit lässt sich arbeiten. Ich nahm eine Trinkflasche mit Saftschorle (2,5 KE) mit aufs Rad und vergewisserte mich, dass ich noch genug Notfall-KE in meiner kleinen Provianttasche am Rad habe. Dann ging es los: 21 Kilometer Rennradfahren, zwei Runden über die Nachbarorte Raa-Besenbek, Kiebitzreihe und Horst. An manchen Stellen musste ich ordentlich gegen den Wind anstrampeln. Und wieder machte sich mein Schweinehund bemerkbar. Der wacht nämlich mit Argusaugen über meine Schmerzgrenze. Die verläuft entlang des schmalen Grats zwischen dem Gefühl „hey, es tut gut, meine Muskeln zu spüren!“ und „autsch, das tut jetzt aber weh!“ Schmerzen mag ich nicht, also patrouilliert der Schweinehund gewissenhaft vor dieser Grenze und achtet genau darauf, dass ich sie nicht überschreite. Sein bestes Argument in diesen Situationen lautet: „Denk dran, dass du gleich danach ja noch 5 Kilometer laufen sollst! Überanstrenge dich also nicht!“

Wadenschmerzen der Stufe 6 auf der nach oben offenen Boateng-Skala

Da ist natürlich was dran: Nach dem Radfahren stand bei meiner Generalprobe ein 5-Kilometer-Lauf auf dem Programm, wie im echten Triathlon. Es war ziemlich warm. Mein Mann Christoph hatte die Markise über der Terrasse ausgefahren, trank eisgekühltes Apfelwasser und genoss den Sonntagnachmittag. Ich hingegen machte mich – mit einem Zuckerwert von 107 mg/dl, den ich mit 1 KE pimpte – heldenhaft auf meine letzte Etappe. Das ging ungefähr anderthalb Kilometer gut, dann allerdings machten sich meine Waden bemerkbar, die ich in letzer Zeit beim Vorfußlaufen auf dem Laufband anders beansprucht hatte als normalerweise beim Laufen. Ein gefundenes Fressen für meinen Schweinehund! Das Miststück hatte natürlich am Rand die Fußball-EM mitverfolgt und wusste, wie ernst man Probleme rund um die Wade nehmen sollte: „Das sind Wadenschmerzen der Stufe 6 auf der nach oben offenen Boateng-Skala!“, flüsterte er mir ein, „du hast doch schon super Durchhaltevermögen bewiesen, indem du die Generalprobe durchgezogen hast, eine kleine Gehpause schadet doch nicht!“ Säusel säusel… Was soll ich sagen? Ich legte auf 5 Kilometern tatsächlich 2 Gehpausen ein – nicht ohne meinem Schweinehund das Versprechen abzuringen, nächsten Samstag beim Triathlon aber wirklich und ganz zuverlässig die Klappe zu halten. Ich bin gespannt, ob er sich an unsere Abmachung hält.

Hier übrigens meine Zuckerkurve von der Generalprobe, mit der ich sehr zufrieden bin. Im Vergleich zu meinem Schweinehund ist mein Diabetes wirklich ein Kuscheltier.

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Für das Frühstück (ab ca. 10 Uhr) hatte ich vorsorglich etwas weniger Insulin gespritzt als sonst, damit ich für meine Generalprobe ab 14 Uhr ein paar Zuckerreserven hatte. Dieser Teil des Plans ging dann auch sehr gut auf.

 

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