Zum heutigen Weltdiabetestag hat die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Pressemitteilung verschickt, in der sie dazu aufruft, die Ursachen von Diabetes entschieden zu bekämpfen. Der Wortlaut der Pressemitteilung erinnerte mich sehr an eine Verlautbarung der Fraktion zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016. Mit einem klitzekleinen, aber in meinen Augen bedeutsamen Unterschied.
Heute ist der 14. November und damit Weltdiabetestag. Eine gute Gelegenheit für alle, die Rang und Namen haben, irgendetwas zum Thema Diabetes öffentlich zum Besten zu geben. Auch Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft bei den Grünen, schickte eine Pressemitteilung über den Äther. Schon beim Lesen der ersten Zeilen hatte ich ein Déja-vu: War das nicht beinahe derselbe Text, die die Fraktion schon zum Weltgesundheitstag am 7. April herausgegeben hatte? Damals hatte ich mich ziemlich darüber aufgeregt, dass in dem Text überhaupt nicht zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes differenziert worden war. Und dass die Grünen damit dem allgemeinen Vorurteil Vorschub leisteten, dass Diabetes ganz allgemein durch einen gesünderen Lebensstil vermeidbar ist – also auch Typ-1-Diabetes, dessen Ausbruch als Autoimmunerkrankung aber bekanntlich bislang durch keinen wie auch immer gearteten Lebensstil beeinflussbar ist.
Wie will man Politik machen ohne Dialog mit den (betroffenen) Bürgern?
Ich hatte mich also geärgert und eine Mail an die Pressestelle der Grünen-Bundestagsfraktion geschickt. Darin meine Bitte, künftig klar zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes zu differenzieren, weil Typ-1-Diabetiker sich sonst weiterhin mit Vorurteilen herumärgern müssen, sie hätten zu viel genascht und sich zu wenig bewegt und damit als Strafe die Diagnose Diabetes erhalten. Seinerzeit hatte ich leider – auch auf meine erneute Nachfrage hin – keine Antwort auf meine Mail erhalten. Was mich erneut ziemlich ärgerte. Wie in aller Welt will man denn Politik machen, wenn man nicht mit den Bürgern (insbesondere den direkt betroffenen, die wie in meinem Fall auch noch selbst und in der Wortwahl absolut zivilisiert den Dialog anstoßen) ins Gespräch kommt? Auch meine Schwester, selbst Mitglied bei den Grünen in Nordrhein-Westfalen, fand das befremdlich und leitete meine Mail parteiintern weiter. Weiterhin keine Reaktion. Wirklich schade. Ein kurzer Zweizeiler à la „Danke für den Hinweis, guter Punkt, wir werden das künftig berücksichtigen“ wäre doch nicht allzu viel Mühe gewesen, oder?
Mein Rat: Äußert eure Kritik und Verbesserungsvorschläge nicht nur auf Facebook!
Die heutige Pressemitteilung weist tatsächlich frappierende Ähnlichkeit zu der von April auf. Einverstanden, manche Textbausteine sind ja tatsächlich eher zeitlos und daher beliebig oft erneut einsetzbar. Allerdings zeigt die heutige Verlautbarung eine deutliche Verbesserung gegenüber der Darstellung vom April: Sie benennt klar Typ-2-Diabetes als den Diabetes, der durch Prävention und Lebensstil häufig (und auch keineswegs immer) vermieden werden kann. Unbescheiden wie ich bin, bilde ich mir nun natürlich ein, dass diese Differenzierung ganz allein auf mein Generve zurückzuführen ist. 🙂 Aber mal ganz im Ernst, hier mein Rat an alle, die sich ärgern: Belasst es nicht bei Kritik in eurer eigenen Facebook-Timeline. Da sieht sie nur ein Publikum, das tendenziell sowieso auf eurer Seite steht. Schreibt vielmehr Leserbriefe an Medien, die undifferenziert berichten, sprecht mit Bundestagsabgeordneten, mit Parteienvertretern, nervt Hinz und Kunz mit euren Gedanken und Verbesserungswünschen. Steter Tropfen höhlt den Stein.
Doch damit ihr nun auch selbst lesen könnt, wovon ich hier spreche, hier die heutige Pressemitteilung im Wortlaut:
Weltdiabetestag: Ursachen von Diabetes entschieden bekämpfen
Anlässlich des Weltdiabetestags am 14. November erklärt Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft:
Diabetes ist weltweit auf dem Vormarsch: Allein in Deutschland sind über sechs Millionen Bundesbürger an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt. Auch immer mehr junge Menschen leiden an dieser Krankheit. Rund die Hälfte aller Neuerkrankungen ließe sich jedoch durch eine gute Prävention verhindern und mit einer Früherkennung gegensteuern.
Deshalb darf der Blick bei Diabetes nicht auf die bloße Krankheitsbehandlung verengt werden. Stattdessen müssen wir allen Menschen ermöglichen, Gesundheitskompetenzen zu entwickeln und Gelegenheiten schaffen, ein gesundes Leben zu führen. Wir müssen die Institutionen in den Alltagswelten stärken, damit gesunde Ernährung, Bewegung und Stressreduktion zum festen Bestandteil in Kitas, Schulen, Betrieben, Pflegeeinrichtungen und Stadtteilen werden. Ein gesundes Kita- und Schulessen ist hierfür ein wichtiger Baustein.
Um solche Ansätze zu fördern, hätte es ein modernes Präventionsgesetz benötigt, welches die Zusammenarbeit der vielen Akteure klar regelt, die Kommunen in ihrer Verantwortung aufwertet und die Finanzierung auf eine gesamtgesellschaftliche Basis stellt. Die Bundesregierung hat mit ihrem Präventionsgesetz die große Chance vertan, möglichst allen Bürgerinnen und Bürgern ein langes Leben bei guter Gesundheit zu ermöglichen. Auch die Zögerlichkeit mit der die Umsetzung des Präventionsgesetzes voranschreitet, zeigt, dass wir noch weit davon entfernt sind, Diabetes tatsächlich einzudämmen.
Bei der Behandlung von Menschen mit Diabetes kommt es aber auch auf eine gute Kooperation im Gesundheitswesen an: Immer noch hapert es an der Zusammenarbeit der an der Versorgung beteiligten Gesundheitsberufe. Doch eine gute Diabetesversorgung ist Teamarbeit. Hausärzte, Fachärzte, Diabetologen, Fachkliniken und Schulungseinrichtungen müssen an einem Strang ziehen, damit der Diabeteskranke zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle behandelt wird. Gerade eine gute Früherkennung kann das Leid vieler Betroffener senken.
Zur Bekämpfung der Volkskrankheit Diabetes müssen alle Akteure im Gesundheitswesen, in der Wissenschaft und in der Politik an einem Strang ziehen. Aber auch die industrielle Landwirtschaft und Lebensmittelgroßkonzerne dürfen sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Sie können einen erheblichen Beitrag zur Steigerung an Ernährungskompetenzen der Verbraucher beitragen. Es geht darum, besser und wirksamer zu werden.
Pressestelle
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Deutschen Bundestag
Dorotheenstraße 101, 10117 Berlin
T: +49 (30) 227 57211 F: -56962
presse@gruene-bundestag.de
14. November 2016 um 19:13
Nicht nur Politiker haben von Diabetes keine Ahnung.
Ich habe in den fast vierzig Jahren Diabetesdauer mehr als einmal von Ärzten die Frage gestellt bekommen, ob ich Insulin spritze. Auch wenn ich angegeben habe, dass ich Typ I Diabetikerin seit meinem 20.Lebensjahr sei.
Wann bekommen wir endlich einen anderen Namen?
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