Vergangene Woche war ich zum regulären Quartals-Check bei meinem Diabetologe. Am Montag waren die Laborwerte da – mit der unschönen Nachricht, dass die Werte auf eine Schilddrüsenüberfunktion hinweisen. Nun geht’s zum Ultraschall und möglicherweise weiterer Diagnostik…
Als ich vergangenen Donnerstag bei meinem Diabetologen im Sprechzimmer saß, hatte ich eine etwas längere Beschwerdeliste dabei. Denn seit ein paar Wochen habe ich ungewohnt häufig hohe Zuckerwerte, obwohl ich mein Basalinsulin und auch meine Bonusfaktoren hochgeschraubt habe. Statt normalerweise 8 bis 12 Einheiten spritzte ich auf einmal 16 Einheiten Lantus, mein Frühstücksfaktor hatte sich von 1 auf 2 (oder besser noch ein bisschen aufgerundet) verdoppelt.
Ständig wechselnder SEA am Morgen – das geht gehörig auf die Nerven!
Und das, obwohl ich seit Januar ein paar Kilo abgenommen hatte – mühsam erarbeitet wohlgemerkt, indem ich jeden Tag entweder das Mittag- oder das Abendessen ausgelassen oder nur eine Miniportion gegessen hatte. Ich hatte zwar weniger Sport getrieben als sonst, aber den hohen Insulinbedarf fand ich doch etwas übertrieben. Außerdem machte ich mir Gedanken um ständig wechselnde Vorlieben meines Diabetes, was den passenden Spritz-Ess-Abstand (SEA) am Morgen angeht. Mal zeigten sich die Glukosewerte völlig ungerührt vom Frühstück, dann wieder brauchte das Frühstück geschlagene 3 Stunden bis zu einem erkennbaren Glukoseanstieg (dann dafür aber ein sehr steiler Verlauf), dann wieder hockte ich beim Frühstück schweißgebadet und unterzuckert herum, weil die Wirkung des Insulins so schnell einsetzte, dass ich nicht rechtzeitig mit dem Essen begonnen hatte.
Ich bin für mein Alter eine top gesunde Frau…
Mein Diabetologe schaute sich die Glukoseverläufe aus meinem Freestyle Libre-Lesegerät an und fand sie erst einmal viel weniger dramatisch als ich. „Auch wenn es gerade nicht ganz optimal läuft, sind Sie immer noch eine super eingestellte Patientin“, beruhigte er mich, „Sie sind für Ihr Alter eine top gesunde Frau.“ Nun, das mit dem Alter hätte ich gern überhört, aber mit 47 Jahren muss man sich vermutlich daran gewöhnen. Ich machte noch einen zaghaften Versuch, meine Situation ein bisschen dramatischer darzustellen und erzählte von der DDG-Herbsttagung, auf der ich einen Vortrag zu den Auswirkungen selbst kurzzeitiger Blutzuckerspitzen gehört hatte: Demnach verursacht jeder Zuckerwert ab 180 mg/dl eine Entzündungsreaktion im Endothel (also in den Gefäßwänden), von der sich die Gefäße erst 48 Stunden später erholen. Demnach hätte ein Diabetiker, der täglich irgendwann einmal einen Wert von über 180 mg/dl aufweist (was wohl die Mehrheit der Typ-1-Diabetiker sein dürfte), ständig einen Entzündungszustand im Endothel. Was natürlich nicht sonderlich attraktiv klingt – und mich anspornt, meine Zuckerwerte möglichst immer in meinem Zielbereich von 80 bis 160 mg/dl zu halten.
Wissenschaftlich interessant, aber im Alltag nicht immer relevant?
Mein Diabetologe runzelte ein wenig die Stirn und sagte, ich solle nicht zu viel auf all diese Studien geben. Viele von ihnen seien unter Umständen wissenschaftlich interessant, doch im Alltag unbrauchbar: „Wir essen bei McDonalds oder fliegen nach Peking und atmen dort Smog ein, wir tun viele ungesunde Dinge. Und dann sorgen wir uns um die Auswirkungen postprandialer Zuckerspitzen auf das Endothel. Vergessen Sie nicht: Leben ist immer ungesund!“ Nun, ich esse zwar wirklich nur im alleräußersten Notfall bei McDonalds und habe auch nie in Peking tief inhaliert, doch natürlich weiß ich, was er damit meint. „Sie sind bei Ihrem Diabetesmanagement sehr ehrgeizig“, meinte er und riet mir, mich einfach nicht allzu sehr verrückt zu machen. Und ich möge doch mal versuchen, mein abendliches Lantus wieder auf 14 IE zu reduzieren, er habe da so das Gefühl, das sollte auch ausreichen.
Der Diabetes ist wieder brav, doch meine Schilddrüse wird zur Schulddrüse
Was soll ich euch sagen: Seit dem Quartals-Check tanzen meine Zuckerwerte nicht mehr so doll aus der Reihe, mein Diabetes gibt sich auch wieder mit 14 IE Lantus zufrieden. Doch leider war damit eben noch nicht alles ausgestanden. Denn am Montag schickte mir mein Diabetologe per Mail die aktuellen Laborwerte. Den HbA1c-Wert von 6,3 Prozent fand ich überraschend gut. Doch die Laborwerte waren verbunden mit der Nachricht, ich habe eine Schilddrüsenüberfunktion, eine mögliche Erklärung für den gestiegenen Insulinbedarf. Der TSH-Wert ist zu niedrig, fT3 und fT4 liegen zu hoch, das spricht für eine Schilddrüsenüberfunktion. Mein Diabetologe hatte mir schon vor etwa zwei Jahren einmal gesagt, dass wir meine Schilddrüsenwerte im Auge behalten sollten. Nun ist es eben soweit: Meine Schilddrüse wird zur Schulddrüse.
Morbus Basedow oder Hashimoto? Welche Autoimmunerkrankung darf es sein?
Am Donnerstag habe ich einen weiteren Termin zum Ultraschall, möglicherweise danach weitere Termine für eine Szintigraphie und ich weiß gerade nicht, was sonst noch. Wenn ich die Informationen richtig verstehe, die ich in aller Eile hervorgegoogelt habe, dann sind für mich voraussichtlich Morbus Basedow und Hashimoto im Angebot, beides autoimmun bedingte Fehlfunktionen der Schilddrüse. Hashimoto ist dem Wesen nach zwar eine Schilddrüsenunterfunktion, doch diese Unterfunktion beginnt häufig mit einer temporären Überfunktion. Noch eine Hormondrüse also, die ich lernen muss zu verstehen – bislang ist die Schulddrüse ein Buch mit sieben Siegeln für mich, ebenso wie die Bauchspeicheldrüse vor meiner Diabetesdiagnose.
Ja, ich weiß, dass Autoimmunerkrankungen ungern Single bleiben. Aber auf ein weiteres Modell hätte ich trotzdem gut und gern verzichten können. Warum in aller Welt hat mein Körper eine so ungemeine Lust daran, sich selbst zu zerstören? 😦
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27. April 2017 um 12:33
Liebe Antje,
wie Du schon schrobst, eine Krankheit bleibt selten allein.. eine chronische noch dazu..
Aber ich muss leider Deinem Doc beipflichten und sage „mach Dich nicht so kirre – Du wirst ja verrückt sonst“
Wir wissen ja, was Stress im Körper auslöst.. die nächsten Hormone, die sich dann wieder ungünstig auf den Diabetes auswirken (können) – eine Spirale, die sich ins Endlose dreht..
Ich drück dir die Daumen, dass alles gut wird – DU hast einen Einfluss drauf
Mach Dir Dein Leben schön und danke für die Erinnerung.. ich bin zuletzt etwas schludrig mit der Einnahme meiner Schilddrüsentabletten (ups)
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30. April 2017 um 12:59
Liebe Beate, ja du hast sicherlich recht. Ich habe meinem Doc auch gesagt, dass meine erhöhte Wachsamkeit sicher mit meinem Job zu tun hat. Wenn man häufig über all die Komplikationen, Studien etc. pp. hört und auch schreibt, ergeht es einem vielleicht genauso wie den armen Medizinstudierenden, die jede Krankheit selbst durchleben, über die sie gerade lernen… Insofern ist mein Job Fluch und Segen zugleich. 😉 Aber ich lasse mich nicht unterkriegen. Ein bisschen Leidenszeit muss sein, aber dann ist es auch gut und das Leben geht weiter. Liebe Grüße, Antje
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