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Taddaaahhh! Nach vielen Jahren Abstinenz habe ich wieder einen Hausarzt!

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Wenn es um die Gesundheitsversorgung anderer Leute geht, bin ich immer sehr dafür, dass sie einen Hausarzt haben. Einen Arzt also, der einen gut kennt und immer einen gewissen Überblick über alles behält, was bei einem Menschen so gesundheitlich los ist.

Nur für mich fand ich einen Hausarzt viele Jahre lang schlicht überflüssig. Die gesundheitlichen Baustellen, bei denen ich ärztlichen Rat brauche, gehören nicht zum Haus-, sondern zum Facharzt: mein Diabetes zum Diabetologen, meine gynäkologische Vorsorge zum Frauenarzt, der Check meiner vielen Leberflecken zum Dermatologen, die Netzhautuntersuchung zum Augenarzt. Wozu also noch einen Hausarzt zwischenschalten, der mir ohnehin nur eine Überweisung ausstellt zu genau dem Facharzt, den ich auch allein angesteuert hätte?

Als Freiberuflerin brauche ich keine AU-Bescheinigungen

Okay, Angestellte brauchen in der Regel einen Hausarzt, wenn sie krank sind und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für ihren Arbeitgeber benötigen. Bei mir als Freiberuflerin Fehlanzeige: Wenn ich krank bin, arbeite ich halt nicht (kommt selten genug vor) und versuche, die verlorene Zeit später irgendwie wieder reinzuholen, damit ich keine Aufträge verliere. Da mein Diabetologe der Arzt ist, den ich im Verlauf eines Jahres am häufigsten sehe, sehe ich ihn quasi als meinen Hausarzt an, der den besten Überblick über meine gesundheitliche Gesamtsituation hat. In den vergangenen Jahren habe ich ein einziges Mal einen Hausarzt aufgesucht, weil ein gelegentliches Herzrumpeln mich nervös gemacht hatte. Dieser Hausarzt tat etwas Vorhersehbares: Er überwies mich an einen Kardiologen, der wiederum nichts Auffälliges an meinem Herzen feststellte. Das Herzrumpeln verschwand auch ohne weiteres Zutun von allein wieder, und der Hausarzt sah mich nie wieder.

Wozu sollte mein Diabetologe Briefe an den Hausarzt schicken?

Trotzdem fragte mein Diabetologe mich bei jedem Termin von Neuem, ob er die aktuellen Befunde wieder an meinen Hausarzt schicken solle. Jedes Mal lautete meine Antwort: „Och, ich glaube nicht, dass das nötig ist. Eigentlich sind Sie mein Hausarzt, Sie sehen mich von allen Ärzten am öftesten und haben den besten Überblick.“ Außerdem hatte ich irgendwo gelesen, dass mein kurzzeitiger Hausarzt seine Praxis abgegeben und sich zur Ruhe gesetzt hatte. Wozu sollte mein Diabetologe ihm also Briefe schicken?

Fachärzte haben meinen Impfstatus nicht auf dem Schirm

Doch inzwischen hat bei mir ein kleiner Sinneswandel eingesetzt. Es fing damit an, dass ich mir meinen Impfpass anschaute und peinliche Lücken darin entdeckte. Ein Hausarzt hätte mich – sofern ich ihn mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufsuche – vielleicht mal drauf angesprochen, meinen Impfstatus gecheckt und mir die eine oder andere Auffrischungsimpfung ans Herz gelegt. Sämtliche Fachärzte, die ich zur Vorsorge und Therapie aufsuche, haben das Thema Impfung nicht auf dem Schirm – lediglich die jährliche Grippeimpfung kann ich in der Diabetespraxis machen lassen, sofern ich aktiv danach frage. Irgendwie geht doch jeder Facharzt aus, dass es eine Hausarztpraxis gibt, die sich um diese profanen Dinge kümmert.

Nicht alle Zipperlein erfordern gleich einen Spezialisten

Dann fand ich, dass die latente Sehnenscheidenreizung (vielleicht sogar -entzündung, so jedenfalls meine Laiendiagnose), mit der ich mich seit vielen Monaten herumärgere, vielleicht doch einmal von einem Arzt begutachtet werden sollte. Doch welchen Facharzt sollte ich damit konsultieren? Chirurg oder Orthopäde, weil es ein Problem am Bewegungsapparat ist? Neurologe, weil die Schmerzen und die nachts häufig einschlafenden Hände vielleicht auf einen eingeklemmten Nerven zurückzuführen sind? Oder doch lieber Internist, weil es (unwahrscheinlich, aber eben doch nicht ausgeschlossen) vielleicht irgendwas mit meinem Diabetes (Stichwort diabetische Neuropathie) oder einer anderen, noch unentdeckten Autoimmunerkrankung zu tun hat? Je älter ich werde, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich mit weiteren Zipperlein herumärgern muss. Nicht jedes davon erfordert einen Spezialisten – und auch als Medizinjournalistin kann ich sie vielleicht nicht immer gleich dem richtigen medizinischen Fachgebiet zuordnen.

Auch eine Karteileiche ist eine Bestandspatientin

Und so beschloss ich, mir einen neuen Hausarzt zuzulegen. Ich rief in der Gemeinschaftspraxis an, die den Arztsitz meines alten Hausarztes übernommen hat. Aus ganz praktischen Erwägungen – dort hatte ich bereits eine Karteikarte, man könnte mich also nicht als Neupatientin abwimmeln, falls die Praxis keine neuen Patienten mehr aufnimmt. Auch als Karteileiche wäre ich irgendwie ja eine Bestandspatientin. Mein Plan ging auf. Ich vereinbarte einen Termin zum Checken meines Impfstatus und zum Abklären meiner Beschwerden an den Sehnenscheiden. Drei Wochen Wartezeit auf den Termin fand ich nicht sonderlich dramatisch – schließlich hatte ich die Beschwerden schon seit ein paar Monaten und hatte bis dato auch keine besondere Eile gehabt, sie behandeln zu lassen.

Termin um 11 Uhr, um 9 Uhr da – und trotzdem drangekommen

Vor ein paar Tagen war ich also zum ersten Mal bei meinem neuen Hausarzt – und aus mehreren Gründen sehr positiv überrascht. Zum einen hatte ich mir offenbar die Uhrzeit falsch notiert und schlug um 9 Uhr in der Praxis auf, obwohl ich erst um 11 Uhr einen Termin hatte. Mist. Doch die Medizinische Fachangestellte an der Rezeption reagierte gelassen und meinte, ich könne gleich dableiben, ich würde dann eben früher drangenommen. Tatsächlich hatte ich die aktuelle Gala noch nicht einmal zu einem Drittel durchgeblättert, als ich aufgerufen wurde. Klasse, wenn eine Praxis beim Terminmanagement so flexibel ist!

Hoffentlich werde ich ab jetzt an anstehende Impfungen erinnert!

Mein neuer Hausarzt nahm sich Zeit für unser Gespräch und blätterte stirnrunzelnd mein Impfbuch durch. Sämtliche Auffrischungsimpfungen waren nicht höchstens 10, sondern mindestens 20 Jahre her. Ups. Ich bekam noch am selben Tag meine Grippeimpfung, in ein paar Wochen werden dann die Impfungen gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten aufgefrischt. Und da ich im Fragebogen eingewilligt habe, per E-Mail an empfohlene Vorsorgeuntersuchungen etc. erinnert zu werden, hoffe ich stark, dass ich künftig an fällige Auffrischungsimpfungen erinnert werde.

„Woher wissen Sie, was ein Karpaltunnelsyndrom ist?“

Dann wandte sich der neue Hausarzt meinen Händen. Er fragte, ob vor allem Zeige- und Mittelfinger betroffen seien. „Nein, das betrifft die ganze Hand, also ist es kein Karpaltunnelsyndrom“, antwortete ich. Er schaute mich erstaunt an: „Woher wissen Sie sowas?“ Ich erzählte ihm, dass ich als Medizinjournalistin seit über 20 Jahren eine Zeitschrift für niedergelassene Chirurginnen und Chirurgen betreue, die nun einmal häufig Menschen mit Karpaltunnelsyndrom behandeln (so nennt man es, wenn ein Sehnenfach der Hand, der sogenannte Karpaltunnel, im Handgelenk verengt ist und einen Nerv einschnürt, der vor allem Daumen, Zeige- und Mittelfinger versorgt. Dann kann es zu Missempfindungen, Schmerzen und Lähmungserscheinungen kommen) und dieses Thema entsprechend regelmäßig auch in ihrer Verbandszeitschrift erörtern. Vorsichtshalber outete ich mich auch gleich als regelmäßige Autorin der Diabetes Zeitung und der Medical Tribune, deren aktuelle Ausgabe ich auf seinem Schreibtisch liegen sah.

Ich mag meinen neuen Hausarzt

„Wenn ich Ihnen nun sage, dass Sie Ihre Hand schonen sollen – machen Sie das dann auch?“ Ich grinste: „Naja, geht so. Ich bin selbstständig, muss ständig tippen und schreibe auch viele Notizen mit der Hand. Aber ich werde es versuchen.“ Der Hausarzt tastete meine Hände ab, fühlte die Durchblutung und lauschte dem Knirschen in meinen Handgelenken. Sowas werte ich als ein sehr gutes Zeichen – es gibt ja leider viel zu viele Ärzte, die ihre Patienten gar nicht mehr anfassen. Doch das Anfassen gehört nun mal zu einer vollständigen Untersuchung dazu. Mein neuer Hausarzt stellte außerdem viele Fragen zu meinem Typ-1-Diabetes, meiner Diagnose und meiner Stoffwechsellage. Er studierte meinen Diabetespass und die bisherigen Fußbefunde (allesamt zum Glück einwandfrei). Und kam dann zu dem Ergebnis: „Eine diabetische Neuropathie erscheint mir ziemlich unwahrscheinlich. Vor allem in Ihrem jungen Alter!“ Ich meinte: „Naja, soooo jung bin ich ja nun nicht mehr!“ Er schaute gespielt streng und sagte: „Widersprechen Sie nicht Ihrem neuen Arzt!“ 🙂 Ich bekam ein Rezept für Ibuprofen, das die latente Entzündung in den Sehnenscheiden bekämpfen soll.

Was soll ich sagen? Ich mag meinen neuen Hausarzt und gelobe hiermit feierlich, bei diffusen Beschwerden nun zuerst ihn zu Rate zu ziehen. Und wenn mein Diabetologe beim nächsten Termin fragt, an wen er die Befunde schicken soll, dann werde ich ihm feierlich mitteilen, dass ich einen neuen Hausarzt habe.

Wie handhabt ihr das? Hab ihr neben eurem Diabetologen noch einen Hausarzt? Und welcher Arzt hat bei euch am meisten Überblick über euren allgemeinen Gesundheitszustand?

2 Kommentare zu “Taddaaahhh! Nach vielen Jahren Abstinenz habe ich wieder einen Hausarzt!

  1. Pingback: Bald bin ich 50 – und der Diabetes ist nicht mein größtes Gesundheitsproblem | Süß, happy und fit

  2. Pingback: Ein neues Diabetestäschchen von mysugarcase – und dieses Mal bin ich weniger krüsch! | Süß, happy und fit

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