Für alle, bei denen mein Geburtstag nicht als wiederkehrendes Ereignis im Kalender steht: Am 2. März jährt sich der Tag, an dem ich ins Leben trat. Und dieses Jahr wird das nun schon ein halbes Jahrhundert her sein. Ich habe nie geglaubt, dass sich mit zunehmendem Alter quasi automatisch bestimmte Zipperlein einstellen. Doch nach mittlerweile 3 Terminen beim Orthopäden seit November gerate ich mit dieser Überzeugung gerade ein bisschen ins Wanken.
Tatsache ist: Seit einer ganzen Weile ist der Diabetes nicht mein größtes gesundheitliches Problem. Natürlich ist er immer noch die Sorte „schlimme Diabetis, wo man spritzen muss“, wie man gemeinhin sagt. Doch er läuft halt ohne große Anstrengung nebenher, und ich muss ihm vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit widmen. Es gelingt mir ohne große Mühe, meine Glukosewerte zu 80 bis 90 Prozent im Zielbereich (70 bis 180 mg/dL) zu halten, mein HbA1c-Wert liegt seit geraumer Zeit stabil bei 6,3 Prozent. Dass ich mich seit einer Weile trotzdem nicht gesund und fit fühle, liegt an meinem Bewegungsapparat.
Wie soll ich bloß meinen rechten Arm schonen?
Der Mist fing irgendwann im Frühjahr 2019 an. Mein rechter Unterarm schmerzte in einer Art, die ich aus der Vergangenheit als Sehnenscheidenentzündung kennen gelernt hatte. Ich wusste, dass jeder Arzt mir in erster Linie Schonung nahelegen würde, also ging ich erst gar nicht zum Arzt deswegen. Die rechte Hand zu schonen ist für eine Rechtshänderin allerdings schwierig. Zumal, wenn man wie ich überwiegend am Schreibtisch arbeitet, beim Besuch von Kongressen zur Berichterstattung gern mal ganze Collegeblöcke mit handschriftlichen Notizen füllt, gern kocht (mit allem Geschnibble, das dazugehört), vor dem Fernseher auch gern strickt oder häkelt und auch noch ein kleines bisschen Triathlon macht – die Rennradhaltung ist einfach kontraproduktiv, wenn man den Unterarm schonen möchte. Eigentlich sollte ich meinen rechten Arm richtig hoch versichern, so wenig kann ich mir seinen Ausfall erlauben.
Schmerzen im Unterarm und eingeschlafene Hände
Mein Vorsatz, den Arm zu schonen, ging also nur mittelmäßig auf. Und im Spätsommer gesellte sich ein weiteres Problem zu den latenten Schmerzen: Auf einmal schliefen mir immer häufiger beide Hände ein, einfach so, ohne erkennbaren Grund. Dieses neue Phänomen war für mich Anlass, dann doch mal einen Arzt aufzusuchen – meinen neuen Hausarzt. Ein Karpaltunnelsyndrom erschien ihm ebenso wenig wahrscheinlich wie eine diabetische Neuropathie, also gab es ein Rezept für Ibuprofen – und den Rat, den Arm zu schonen.
Wie zum Teufel soll ich am Schreibtisch sitzen?
Ich legte mein aktuelles Strickprojekt auf Eis, kaufte mir ein Ergo-Mauspad und Inky-Tintenroller, die beim Schreiben mit viel weniger Druckaufwand über’s Papier gleiten als gewöhnliche Werbe-Kugelschreiber. Auf die Idee mit dem besseren Schreibgerät hätte ich tatsächlich schon vor ein paar Jahrzehnten kommen können, Inky-Tintenroller sind nun mein neuer Goldstandard. Doch das Ergo-Mauspad entpuppte sich als Flop. Es führte lediglich dazu, dass ich immer unschlüssiger war, welche Schreibtischhaltung für mich gut ist. Um meinen Unterarm und das Handgelenk zu entlasten, zog ich die Schultern hoch und verkrampfte im Nackenbereich. Nun schmerzten neben dem Unterarm auch der Bereich oberhalb des Ellenbogens und die Schulter. Und ich hatte erst recht keine Ahnung, welche Haltung ich am Schreibtisch einnehmen sollte.
Ich war Jahrzehnte ohne Einlagen unterwegs
Doch es blieb nicht beim Arm. Im Herbst bemerkte ich, dass meine linke Ferse nach dem Aufstehen für die ersten paar Schritte wehtat. Irgendwann wurden die schmerzenden Phasen länger. Also entschloss ich mich zum nächsten Eskalationsschritt: dem Besuch beim Orthopäden. Er warf nur einen Blick auf meine Fußstellung und sagte dann: „Knick-Senkfuß, Sie brauchen orthopädische Einlagen!“ Ob ich schon mal Einlagen getragen habe, wollte er wissen. Naja, mit 10 Jahren oder so, da hatte mein Vater (praktischer Arzt mit Praxis direkt neben unserem Wohnhaus) auch schon mal das Wort Knick-Senkfuß benutzt und dafür gesorgt, dass ich orthopädische Einlagen bekomme. Doch wie das bei Arztkindern halt oft so ist, hat sich im weiteren Verlauf niemand mehr so recht darum gekümmert. Als ich aus meinen Einlagen rausgewachsen war, bekam ich keine neuen mehr. Und lief fortan wieder ungestützt auf meinen niedrigen Fußgewölben herum.
Überdehnte Sehnen und ein Fersensporn
Tja, und nun komme ich halt in die Jahre, in denen sich derartige Fehler der Vergangenheit rächen. Der Fairness halber muss ich zugeben, dass vermutlich auch das Lauftraining der vergangenen paar Jahre nicht ganz unschuldig daran war, dass meine Füße die fehlende Unterstützung nicht mehr kompensieren können. Das plattgetretene Längsgewölbe hat die Sehnen meines Fußes überdehnt. Und weil Sehnen sich nicht bei Bedarf beliebig verlängern können, behelfen sie sich mit einer knöchernen Überbrückung am Übergang zwischen Plantarsehne und Fersenbein. Fersensporn nennt sich das, und sowas habe ich nun offenbar.
Einlagen, Schienen, Kirschkernkissen, Pferdebalsam
Der Orthopäde verschrieb mir orthopädische Einlagen für die Schuhe und mahnte mich, bloß nicht barfuß zu laufen, auch nicht im Haus. Außerdem eine Entlastungsschiene für den linken Fuß, die ich nachts und zwischendurch tragen soll, um die Sehnen sanft zu dehnen. Für den rechten Unterarm bekam ich eine weitere Schiene, ebenfalls nachts und zwischendurch zu tragen. Sie soll den Unterarm entlasten und verhindern, dass meine Handgelenke im Schlaf eine geknickte Haltung einnehmen. Für den Nacken Wärme aus Kirschkernkissen. Außerdem ist mein Orthopäde schwer überzeugt von Pferdebalsam, den ich bitte mehrmals täglich überall dort einmassieren soll, wo es wehtut. Also quasi überall.
Fuß- und Armschienen stören beim Schlafen
Die Einlagen sind tatsächlich eine feine Sache. Ich trage sie wirklich konsequent, habe mir sogar Hausschuhe gekauft, deren Einlegesohlen man wechseln kann. An den penetranten Geruch von Pferdebalsam oder Retterspitz-Salbe, die ich alternativ gern benutze, habe ich mich inzwischen gewöhnt. Doch mit den beiden Schienen kann ich mich auch nach 2 Monaten noch nicht anfreunden. Sie sind zwar aus einem weichen Material, das nicht drückt oder aufträgt. Doch sie sind sehr warm – irgendwie blöd für eine Frau, die wechseljahrsbedingt nachts gern mal schweißgebadet aufwacht. Auch sonst nerven die Schienen im Schlaf. Die Klettverschlüsse machen blöde Schrapp-Geräusche, von denen ich aufwache. Wenn ich beide Schienen gleichzeitig trage, träume ich oft, in einem Krankenhausbett zu liegen, mein geschientes Bein mit einem Seilzug an der Decke fixiert, der rechte Arm ebenfalls bewegungsunfähig eingegipst.
Am meisten wurmt mich das Laufverbot
Alles in allem eher unschön. Besonders ärgerlich ist, dass ich in diesem Zustand sportlich sehr eingeschränkt bin. Okay, im Winter vermisse ich das Radtraining ohnehin nicht. Gerätetraining im Fitnessstudio ist möglich und tut dem verspannten Nacken sogar gut. Immerhin schlafen meine Hände nicht mehr ein, es geht also „nur“ noch um die Schmerzen und Verspannung. Doch ich soll den linken Fuß erst wieder mit Lauftraining belasten, wenn die Fersenschmerzen wirklich komplett verschwunden sind. „Stellen Sie sich vor, Sie hätten gerade erst einen Brand gelöscht, in dem aber noch ein paar Glutnester glimmen. Wenn Sie da auch nur eine Zigarette reinwerfen, geht es wieder von vorn los.“ Klingt logisch, auch für eine Nichtraucherin. Spazierengehen nimmt mir die Ferse nicht übel, solange ich es nicht übertreibe. Spaziergänge an der frischen Luft sind schön, doch tatsächlich vermisse ich das Laufen sehr. Ich würde gern auch 2020 wieder für einen Halbmarathon trainieren, doch es ist derzeit fraglich, wann ich wieder ins Lauftraining einsteigen kann. So ein Fersensporn kann eine hartnäckige Angelegenheit sein. Ich muss mich also weiter in Geduld üben.
Irrationale Angst vor einer weiteren blöden Diagnose
Und ich muss versuchen, das alles nicht aufs Alter und seine vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten zu schieben. Es gibt da nämlich eine irrationale Ecke in meinem Kopf – die ca. 1 Prozent Hirnmasse, die insgeheim doch ein bisschen an die Vorhersagequalität von Horoskopen glaubt –, die nun eine sich anbahnende Verschwörung wittert. „Als du 40 geworden bist, hast du die Diagnose Typ-1-Diabetes bekommen – vielleicht ist es nun 10 Jahre später Zeit für den nächsten Albtraum!“, raunt es mir aus dieser finsteren Ecke zu. Warum nenne ich dieses Blog nicht gleich „Süß, deprimiert und lädiert“? 😦
Bitte verzeiht mir das Jammern… mit ein bisschen Aufmunterung eurerseits wird der nächste Blogbeitrag bestimmt wieder spaßiger! 🙂
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10. Januar 2020 um 8:01
Hallo,
bei Plantarfasziitis oder Fersensporn haben mir Stoßwellen gut geholfen, mittlerweile zahlt das auch die KK. Ist schmerzhaft und es dauert auch etwas, aber hilft neben den Dehnübungen gut. Radfahren und Rudern durfte ich, nach einem Jahr wieder laufen. Gute Besserung!
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10. Januar 2020 um 8:10
Dankeschön, Stoßwelle habe ich beim Orthopädenkongress in der Industrieausstellung schon mal getestet. Hat ordentlich gezwiebelt, tat aber gut. Die Kasse zahlt das aber erst, nachdem 6 Monate konventionelle Therapie nicht erfolgreich waren. Bis dahin bin ich hoffentlich auch so mit dem Thema durch… (hoffentlich nicht allzu naiv…), liebe Grüße
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5. Januar 2020 um 17:56
Kopf hoch, liebe Antje! „Alt werden ist nichts für Feiglinge.“ Das kann ich Dir als Ü60erin versichern. Nimm die orthopädischen Probleme als Herausforderung an. Höre auf Deinen Körper und schone Dich mehr. Beim Rückblick auf 2019 hat mich am meisten gefreut, dass es mir keine gesundheitlichen Katastrophen beschert hat – nur einen Fersensporn. Auch ich musste einen Gang runterschalten. Du schaffst das und wirst sehen, dass manchmal weniger wirklich mehr ist. Ich wünsche Dir für 2020 noch ganz viel Gesundheit und weiterhin gute Ideen zum Schreiben!
Viele liebe Grüße
Helga
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6. Januar 2020 um 13:03
Liebe Helga, hab vielen Dank für deine lieben Worte! Du hast recht, ich muss öfter mal einen Gang runterschalten. Das ist aber schwer – eben weil ich so viele Ideen habe, die ich gern verwirklichen möchte! 😉 Liebe Grüße und auch für dich ein tolles & gesundes Jahr 2020, Antje
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