Eigentlich hatte ich gestern vorgehabt, nach der Arbeit in die Laufschuhe zu schlüpfen und eine kleine Runde zu drehen. Dass daraus nichts wurde, liegt ausnahmsweise mal nicht an meinem Schweinehund, sondern daran, dass mir am Nachmittag eine Teilkrone aus dem Mund gepurzelt ist. Und das wiederum, weil ich vorsorglich auf zwei (schon etwas älteren) Gummibärchen herumgekaut habe, um meinen Glukosewert auf ein sporttaugliches Niveau zu pushen.
„Ui, die sind aber schon ganz schön hart geworden“, dachte ich, als ich gestern zwei Gummibärchen in meinem Mund herumwälzte. Sie sollten meinen Glukosewert von 120 mg/dl ein bisschen anheben, damit ich entspannt zu meiner Feierabend-Laufrunde aufbrechen kann. Doch was sich da so hart anfühlte, war nicht das Gummibärchen, sondern eine Teilkrone aus meinem rechten Oberkiefer, die dem Kauen und zähen Ziehen offenbar nicht gewachsen war. Mist!
Immerhin, die Teilkrone schien als Ganzes herausgefallen zu sein. Ein Blick in meinen Kalender verriet mir, dass ich sie erst im März 2021 eingesetzt bekommen hatte, also sollte noch die Gewährleistung gelten. Doch ansonsten nahm der Tag ab diesem Punkt einen eher blöden Verlauf. Die Zahnarztpraxis war nämlich telefonisch nicht mehr zu erreichen, einen Reparaturtermin würde ich also frühestens heute bekommen. Heute war ich allerdings bereits für ein journalistisches Weiterbildungsseminar in Hamburg angemeldet, in Präsenz. Angemeldet und bezahlt, kostenlose Stornierung war nur bis 15.9.22 möglich. Ich sagte per Mail ab, weil ich mich heute um einen dringlichen Zahnarzttermin kümmern muss, und hoffe nun auf die Kulanz des Veranstalters in Sachen Rückerstattung der Kursgebühr.
Unerwarteter Glukoseanstieg durch Craftbier
Doch wenn erst einmal der Wurm drin ist… dann wird es halt nix mehr mit einem gemütlichen Ausklang des Tages. Die Laufrunde fiel flach, weil ich rumorganisieren musste und den Feierabend erst entsprechend später einläuten konnte. Abends auf dem Sofa kostete ich ein Schlückchen Craftbier, das Christoph sich eingeschenkt hatte. Das schmeckte ziemlich malzig, trotzdem erstaunte es mich, dass mein Glukosewert kurz darauf auf über 240 mg/dl (meine persönliche Alarmgrenze beim Freestyle Libre) hochschoss. Ich korrigierte den Wert mit 2,5 Einheiten Insulin und dachte mir nichts weiter dabei.
Abendliche Hypo – natürlich nach dem Zähneputzen…
Kurz vor dem Schlafengehen – und ja, natürlich nach dem Zähneputzen, das wegen der fehlenden Krone etwas unangenehm war – zeigte die Libre-App einen Wert von 87 mg/dl mit stark fallender Tendenz an. Ich dachte mir: „Das pendelt sich gleich wieder ein, ist doch eigentlich absurd.“ Und hielt mich mühsam noch 10 Minuten wach, um nochmals nach dem Wert zu schauen. Leider rauschte der weiter gen Keller. Ich zwang deshalb zwei Plättchen Traubenzucker runter, immer bemüht, die Seite mit der fehlenden Krone beim Kauen auszusparen. Normalerweise putze ich auch nach nächtlichem Traubenzucker immer nochmal die Zähne, doch gestern konnte ich mich partout nicht dazu aufraffen. Weil wir (fuck Putin!) unser Schlafzimmer und unser Bad derzeit noch nicht heizen, graute mir vor dem Barfußtapsen über den kalten Boden. Und vor der Zahnbürste am kaputten Zahn sowieso.
Noch zweimal mit Hypo wach geworden
Irgendwann um Mitternacht herum wältze ich mich im Halbschlaf herum und warf einen Blick auf die Libre-App: Mist, der Wert war trotz Traubenzucker noch weiter gesunken, auf mittlerweile 58 mg/dl! Inzwischen spürte ich auch Schweißperlen auf der Stirn und diese typische Hypo-Magenunruhe. Also nochmal Traubenzucker eingeworfen. Wieder nicht Zähne geputzt. Jetzt sollte aber Ruhe sein! Nix da, um 2 Uhr nachts noch einmal dasselbe Spiel: Glukosewert bei 54 mg/dl, ich lag schweißgebadet im Bett und fror erbärmlich unter meiner dicken Decke. Nochmal Traubenzucker eingeworfen. Beim nächsten Wachwerden um 4 Uhr lag der Glukosewert endlich bei sicheren 100 mg/dl, beim fröstelnden Aufwachen mit eiskalten Füßen dann bei 144 mg/dl.
Auch unsichtbare Behinderungen belasten und schränken ein
Ich habe keine Ahnung, warum die Bier-Korrektur gestern Abend so heftig angeschlagen hat. Oder welcher der CGM-Messwerte vielleicht falsch war. Was ich aber weiß ist, dass ich den heutigen Tag mit deutlich weniger Energie starte als gewohnt. Immerhin habe ich gleich vormittags einen Zahnarzttermin bekommen. Aber das alles ist mal wieder ein Beispiel dafür, wie auch eine unsichtbare Behinderung einen im Alltag massiv belasten und in der eigenen Leistungsfähigkeit einschränken kann.