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Von wegen zuckerkrank – ein Blog über glückliches Leben, leckere Ernährung und Sport mit Typ-1-Diabetes

Tod auf Klassenfahrt: Morgen wird weiter vor Gericht verhandelt

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Viereinhalb Jahre ist es her, dass die damals 13-jährige Emily bei einer Klassenreise nach London gestorben ist. Todesursache war ein Herzinfarkt infolge einer unbehandelten Ketoazidose. Ihren Lehrerinnen wird fahrlässige Tötung vorgeworfen, morgen ist der dritte Prozesstag vor dem Landgericht Mönchengladbach.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich in meinem Zimmer in einem zentral gelegenen Hotel in Mönchengladbach. Ich werde morgen den dritten Prozesstag des Verfahrens verfolgen, bei dem die näheren Todesumstände von Emily und die Verantwortung der beiden Lehrerinnen geklärt werden sollen.

Ich werde für die Diabetesmedien der MedTriX-Gruppe berichten, also für die Diabetes Zeitung der DDG, die Medical Tribune, den Diabetes-Anker, das Diabetes Journal und das Diabetes Eltern Journal. Seit der Übernahme des Kirchheim-Verlags durch MedTriX sind ja noch ein paar weitere Kanäle dazugekommen, auf denen man diverse Informationen aus der Diabeteswelt unterbringen kann. Der Anlass für diese Berichterstattung ist leider ein entsetzlicher. Vielleicht erinnert ihr euch an 2019, als Emilys Tod zum ersten Mal durch die Presse ging und auch ich hier erstmals darüber berichtete. Oder an 2021, als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen überraschenderweise eingestellt hatte – und dann auf das Betreiben des Anwalts von Emilys Vater durch die Generalstaatsanwaltschaft angewiesen wurde, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Nun also sind die Ermittlungen abgeschlossen, und vor dem Landgericht Mönchengladbach läuft der Prozess. Emilys Vater hat mich regelmäßig auf dem Laufenden gehalten, sodass ich immer über den aktuellen Verfahrensstand informiert war.

Ohne Bahnstreik wäre ich schon letzte Woche mit dabei gewesen

Eigentlich hatte ich bereits vergangene Woche beim zweiten Prozesstag dabei sein wollen. Da standen die Zeugenaussagen der Mitschüler*innen von Emily an. Leider machte mir der Bahnstreik einen Strich durch meine Reisepläne, also blieb ich gezwungenermaßen zu Hause und versuchte mir anhand der Presseberichterstattung ein Bild zu machen. Das Medieninteresse an diesem Fall ist nach wie vor sehr große. In diesem Bericht der Süddeutschen Zeitung etwa kann man lesen, dass schon am ersten Prozesstag eine eindrückliche WhatsApp-Sprachnachricht einer Freundin Emilys im Gerichtssaal abgespielt wurde. Die Schülerin hatte sich in ihrer Verzweiflung an ihre Mutter gewandt, weil sie nicht mehr weiterwusste. Immer wieder hätten sie und ihre Freundinnen den Lehrerinnen mitgeteilt, dass es Emily schlecht geht, sie sich permanent übergibt, gar nicht mehr ansprechbar ist und nur apathisch auf dem Bett liegt. Denn offenbar hatte Emily schon recht bald nach ihrer Ankunft in London gar kein Insulin mehr gespritzt und sich nicht mehr um ihren Diabetes gekümmert. Ohne dieses Verhalten wäre ihr Stoffwechsel natürlich nicht entgleist, und ohne Ketoazidose wäre es auch nicht zu einem tödlichen Herzinfarkt gekommen. Aber wären die Lehrkräfte rasch zu Emily gekommen, nachdem die Schülerinnen sie alarmiert hatten, dann hätten sie sofort den Rettungsdienst rufen können – und Emilys Leben wäre „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zu retten gewesen, wie man in einem der ärztlichen Gutachten nachlesen kann.

Ich bin keine erfahrene Gerichtsreporterin

Vor Gericht geht es nun um die Frage, ob die Lehrkräfte vor der Klassenfahrt von Emilys Diabetes wussten und ob sie – unabhängig von der Kenntnis von ihrem Diabetes – ihre Aufsichtspflicht vernachlässigten, als sie nicht nach ihrer kranken Schülerin schauten. Bislang haben die Angeklagten nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Morgen wird eine Gutachterin als Zeugin auftreten, außerdem sollen offenbar bereits die Schlussplädoyers gesprochen werden. Nächste Woche könnte bereits das Urteil verkündet werden. Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen aufgeregt. In meinem Leben habe ich noch nicht allzu vielen Gerichtsverhandlungen beigewohnt. Ein einziges Mal war ich als Journalistin bei einem Prozess dabei und habe dann über den Fall berichtet. Das ist viele Jahre her, und damals ging es um Abrechnungsbetrug. Eine erfahrene Gerichtsreporterin machte das noch nicht aus mir.

Ich bin daher sehr gespannt auf den morgigen Verhandlungstag und werde die sechs Stunden Zugfahrt zurück nach Hause im Anschluss an den Prozesstag sicherlich intensiv dafür nutzen, mir über die Texte Gedanken zu machen, die ich darüber verfassen werde. Eines weiß ich jedenfalls schon jetzt: Ein wichtiges Element wird die Aufklärung darüber sein, wie man solche furchtbaren Todesfälle verhindern kann. Damit Eltern ihre Kinder mit Diabetes unbesorgt auf eine Klassenfahrt schicken können und Lehrkräfte Bescheid wissen, wie man angemessen mit dieser speziellen Herausforderung umgehen sollte.

Jetzt aber mache ich erstmal Licht aus hier im Hotelzimmer – ich will morgen im Gerichtssaal schließlich fit und aufnahmefähig sein!

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