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Anonymisierte Stimmzettel zur Wahl der Delegierten der DDH-M – was ist denn das für ein Verständnis von Demokratie?

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Wenn Typ-Einser gefragt werden, wer oder was sie im Alltag motiviert, bei der Stange zu bleiben, dann steht die Diabetes-Community ziemlich weit vorn auf der Liste. So konnte man es zumindest in den allermeisten Beiträgen zur diesjährigen Diabetes-Blog-Woche nachlesen. Was niemand als inspirierende Motivation geschildert hat, war die klassische Diabete-Selbsthilfe. Und ich habe auch eine Ahnung, warum das so ist.

Denn vor kurzem habe ich Post von der Deutschen Diabetes-Hilfe (DDH-M) bekommen. Es ging um die Wahl der Delegierten zur Bundesdelegiertenversammlung 2018. Das ist immerhin das höchste Organ der DDH-M, dessen gewählte Vertreterinnen und Vertreter gegenüber Politik, Fachgesellschaften und wem auch immer unsere Interessen artikulieren sollen – und dafür natürlich auch im engen Kontakt zur Basis stehen sollten.

Dem Schreiben beigefügt waren ein Stimmzettel und ein neutraler Briefumschlag für selbigen, verbunden mit der Aufforderung, ein Kreuzchen bei dem oder der Delegierten meiner Wahl zu machen und den Stimmzettel an die Bundesgeschäftsstelle der DDH-M zu senden. Hier könnt ihr den Stimmzettel einmal von beiden Seiten sehen:

Peter Z. hat trotz Diabetes und Krebs den Lebensmut nicht verloren. Aha.

Fällt euch auch auf, was mir sogleich ins Auge gesprungen ist? Die Kandidatinnen und Kandidaten bleiben anonym! Ich habe keine Ahnung, warum sämtliche Nachnamen auf dem Wahlschein abgekürzt sind und wäre fast geneigt, es für Satire zu halten. Denn mal im Ernst: Wie soll ich mir ein Bild von einem Kandidaten oder einer Kandidatin machen, wenn er oder sie sich mir gar nicht zu erkennen gibt? Wenn ich nur einen Vornamen und ein Mini-Statement als Entscheidungsgrundlage habe, das zudem in den meisten Fällen auf einem sehr allgemeinen Blabla-Niveau bleibt? Peter Z. aus Bayern hat also trotz Diabetes und Krebs seinen Lebensmut nicht verloren. Aha. Das ist sehr schön für Peter Z., doch es sagt leider rein gar nichts darüber aus, in welcher Art und Weise er sich für meine Interessen einsetzen möchte. Auf dem Stimmzettel ist auch kein Hinweis auf Kandidatenportraits im Internet, Kontaktmöglichkeiten oder ähnliches zu finden.

Wegen der DSGV nun auch anonymisierte Wahlscheine bei der Bundestagswahl?

Hat das mit der neuen Datenschutzgrundverordnung zu tun? Haben Kandidatinnen und Kandidaten für politische oder sonstwie repräsentative Ämter das Recht, ihren Wählerinnen und Wählern gegenüber anonym zu bleiben? Werde ich bei der nächsten Europa- oder Bundestagswahl auch mit einem anonymisierten Wahlzettel in die Wahlkabine gehen und auf gut Glück mein Kreuz bei einem gewissen Robert H. machen, der in seinem kurzen danebenstehenden Zweizeiler mitteilt, dass er frischen Wind in die Politik bringen will (in der Hoffnung, dass sich hinter der Abkürzung dann mein Lieblings-Grüner Robert Habeck verbirgt)?

Ich will von Menschen vertreten werden, die sich zu erkennen geben

Viele Fragen, keine Antworten… Aber eine Frage hat sich mir mit diesem albernen Wahlzettel in jedem Fall beantwortet: Nämlich die Frage, warum die etablierten Selbsthilfe-Organisationen für Menschen mit Diabetes keine Rolle spielen. Ich möchte von Menschen vertreten werden, die sich zu erkennen geben und mehr als nur eine dreizeilige Floskel auf einem anonymisierten Wahlschein von sich geben. Mit denen ich Kontakt aufnehmen und über meine ganz persönlichen Anliegen sprechen kann. Der Wahlaufruf der DDH-M (sofern er nicht doch irgendwie Satire ist) sendet mir hierzu die denkbar beschissensten Signale. Ich werde der Bundesgeschäftsstelle der DDH-M den Stimmzettel nun in dieser Form übersenden und einen Link zu diesem Blogbeitrag beifügen.

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Habt ihr auch einen solchen Stimmzettel bekommen? Was haltet ihr von dieser Art der Beteiligung und Wahlorganisation?

3 Kommentare zu “Anonymisierte Stimmzettel zur Wahl der Delegierten der DDH-M – was ist denn das für ein Verständnis von Demokratie?

  1. Pingback: Serie über Diabetes-Selbsthilfe, Teil 1: Warum sind Selbsthilfegruppen nicht so cool wie die Community? | Süß, happy und fit

  2. Bis wann werden denn die zettel eingefordert und wann ist dann die nächste Delegiertenversammlung. Steht das irgendwo? ist schon sehr ominös.

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