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Von wegen zuckerkrank – ein Blog über glückliches Leben, leckere Ernährung und Sport mit Typ-1-Diabetes

Schon gewusst? Schlechte Wohnsituation, Straßenlärm, Abgase und geringe Walkability erhöhen das Risiko für Typ-2-Diabetes

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Im Nordosten Deutschlands tritt Typ-2-Diabetes deutlich häufiger auf als im Westen – und das sich nicht allein mit den klassischen Risiken wie Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel und geringerem Bildungsgrad erklären, so hieß es in einer Sitzung bei der DDG-Jahrestagung im Mai 2017 in Hamburg. Dort lernte ich den Begriff „Walkability“ als weiteres Kriterium dafür, ob eine Region besonders anfällig für Typ-2-Diabetes ist oder nicht.

„Dick, dumm, Diabetes“ ist ein gemeines Vorurteil – das sich leider ebenso hartnäckig hält, wie es falsch ist. Bei der DDG-Jahrestagung wurden in einer Sitzung zur Versorgungsforschung aktuelle Daten zur Häufigkeit von Typ-2-Diabetes präsentiert – und zu den Ursachen für regionale Unterschiede. Versorgungsforschung und Register sind erst einmal Stichworte, die sich erst einmal ungeheuer trocken und langweilig anhören. Doch tatsächlich war die Sitzung extrem interessant. Was also sind die Fakten? Erhebungen zufolge haben in Deutschland derzeit etwa 7,2 Prozent der Bevölkerung Typ-2-Diabetes. Die regionale Verteilung ist dabei allerdings sehr unterschiedlich, wie Dr. Wolfgang Rathmann aus Düsseldorf berichtete: „In den östlichen Bundesländern ist die Prävalenz deutlich höher als im Westen.“ So liege die Erkrankungsrate in Halle mit 12 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Augsburg (5,8 Prozent). Mal eben gut doppelt so hoch! Doch was mögen die Ursachen dafür sein?

Soziale Benachteiligung erhöht das Risiko für Typ-2-Diabetes

Nun vermuten manche, dass Typ-2-Diabetes im Osten möglicherweise früher diagnostiziert wird und es eine entsprechend niedrigere Dunkelziffer gibt. Fehlanzeige, meinte Dr. Rathmann, das wisse man aus stichprobenartigen oralen Glukosetoleranztests. Im Nordosten erkranken Menschen einfach häufiger an Typ-2-Diabetes als im Westen. Und das liegt nicht nur an Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel und geringerer Bildung. Versorgungsforscher haben vielmehr herausgefunden, dass Typ-2-Diabetes insbesondere in Regionen mit sehr hoher sozialer Benachteiligung gehäuft auftritt.

Straßenlärm macht Stress macht Depression macht Diabetes

Als sozial benachteiligt (Versorgungsforscher sprechen von „sozial depriviert“) gelten Gegenden, in denen die Menschen im Schnitt eine geringere Schulbildung und damit ein höheres Risiko haben, arbeitslos zu werden. Wer von Arbeitslosigkeit bedroht oder betroffen ist, erkrankt häufiger an Depressionen – und die wiederum sind ein unabhängiger Risikofaktor für Typ-2-Diabetes. Doch auch die Wohnumgebung selbst hat Einfluss auf die Erkrankungsrate: Menschen in sozial deprivierten Gegenden wohnen häufiger an vielbefahrenen Straßen, deren Lärm- und Abgasbelastung den Stresspegel und damit auch das Diabetesrisiko erhöhen. „Wir wissen ja, dass Luftschadstoffe wie Feinstaub oder NO2 das Diabetesrisiko ebenso erhöhen wie Schlafstörungen infolge von Lärmbelastung“, erklärte Dr. Rathmann. Dieselgate lässt grüßen, oder?

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Walkability: Wenn die Umgebung zur Bewegung im Freien einlädt

Als weiteren Faktor haben kanadische Wissenschaftler nun die „Walkability“ ausgemacht. Dieser Begriff geht auf den Bericht „The Walkable City“ von 2012 aus Toronto zurück. Ganz simpel gesagt steckt dahinter die Frage, ob eine Wohnumgebung zum Bewegen und Spazieren im Freien einlädt. Das tut sie, wenn sie zum einen funktional und sicher ist – sprich: wenn sichere Gehwege vorhanden und die Straßenkriminalität gering ist, sodass Menschen sich mit einem sicheren Gefühl draußen bewegen können. Zum anderen gilt eine Umgebung als „walkable“, wenn sie ästhetisch ansprechend gestaltet ist, sodass Menschen sich in ihr wohlfühlen und sich gern in ihr bewegen. Zuguterletzt tragen auch attraktive Ziele in der näheren Umgebung – etwa Parks, Sportstätten oder Einkaufsmöglichkeiten für gesunde Lebensmittel – zu einem höheren Walkability-Wert bei. Der Bericht aus Toronto konnte seinerzeit zeigen, dass in Gegenden mit geringer Walkability deutlich mehr Menschen einen ungesunden Lebensstil pflegen und damit ein höheres Risiko haben, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, als in Wohngegenden mit hoher Walkability.

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Und das bedeutet, dass an der Prävention von Typ-2-Diabetes neben Ärzten dringend auch Politiker, Stadt- und Verkehrsplaner mitwirken müssten. Ist nicht demnächst Bundestagswahl?

 

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