Seit September 2020 ist das neue Mahlzeiteninsulin ultra rapid lispro (kurz: URLi) von Fa. Eli Lilly in Deutschland unter dem Handelsnamen Lyumjev erhältlich. Und seither scheint fast jeder in der Community heiß darauf zu sein, das neue Zeug auszuprobieren. Warum also habe ich keinen Drang, Lyumjev zu testen?
Ich bin nun einmal in mich gegangen und habe über genau diese Frage nachgedacht. Und bin tatsächlich auf 10 Gründe für mein eher lahmes Interesse an dem neuen Insulin gestoßen. Ob es gute Gründe sind, wird wohl jeder anders sehen. 🙂
- Ich bin in vielerlei Hinsicht wohl nicht das, was man einen „Early Adopter“ nennt. Wenn ich mich einmal gemütlich in meiner Welt eingerichtet habe, mag ich nicht so gern dran rütteln und alles durcheinanderbringen.
- Ich bin zufrieden mit meinem aktuellen Diabetes-Setup, der aus Lantus als Basalinsulin und Liprolog als Bolusinsulin besteht. Als ich seinerzeit mal Fiasp ausprobiert habe, war ich zwar nicht unzufrieden, habe bei meiner Rezept-Folgebestellung aber schlicht vergessen, um Fiasp zu bitten, sondern habe gesagt: „Bitte Rezept für Insulin, alles wie immer“ und habe dann also wieder Liprolog bekommen.
- Mir fehlt ein klares Ziel, das ich ggf. mit Lyumjev erreichen könnte. Ich bin zurzeit zu ca. 86 % der Zeit mit meinen Werten im Zielbereich (70 bis 180 mg/dL), das ist mir gut genug. Wenn ich mich anstrenge, kann ich diesen Wert auch mit meinen derzeitigen Insulinen auf 90 bis 95 % pushen. Ich habe aber keine Lust dazu.
- Ich sehe mich selbst als Individualistin, die sich Massentrends erst einmal verweigert. Wenn alle Games of Thrones gucken, ist allein das für mich ein guter Grund, nicht mitzumachen. Vielleicht ein bisschen bockig, aber ist halt so.
- Ich habe gehört, dass Lyumjev bei vielen Leuten bei der Injektion brennt. Ich mag es nicht, wenn meine Haut brennt. So eine mögliche Nebenwirkung dämpft meine Neugier ungemein.
- Ich müsste mit einem neuen Insulin erst einmal meine aktuellen KE- und Korrektur-Faktoren tatsächlich ausrechnen und alles ganz genau beobachten. Derzeit ist alles so schön eingespielt, dass ich nur nach Gefühl vorgehe, was den Spritz-Ess-Abstand oder die Faktoren angeht. Wenn der Wert etwas höher ist (oder schon länger oberhalb einer kritischen Grenze herumdümpelte), runde ich die Dosis eher auf, umgekehrt runde ich eher ab. In genauen Zahlen kann ich meine Faktoren gar nicht ausdrücken.
- Wenn ich morgens aufwache, spritze ich mein Insulin und lese im Bett erstmal in Ruhe Facebook, Spiegel-Online und Corona-App, während Christoph Frühstück macht. Wäre mein Insulin schneller, müsste ich meine ganze Morgenroutine umstellen.
- Würde ich ein Insulin nutzen, das nach der Mahlzeit schneller wieder abgebaut ist, hätte mein Schweinehund eine wichtige Ausrede weniger, wenn er mich dazu bringen will, mich vor dem Sport zu drücken: „Mist, da ist ja noch Insulin an Bord, Sport geht also nicht…“
- Für ein neues Insulin bräuchte ich vermutlich einen neuen Pen. Ich mag aber meinen alten Pen.
- Der wichtigste Grund aber ist: Auch ein Dreivierteljahr nach der Markteinführung muss ich JEDES Mal nachschauen, wie man dieses verdammte neue Insulin nun korrekt schreibt. Und spontan kommen mir immer andere Schreibweisen als die richtige in den Sinn: Llumyev? Liumjev? Lyumyev? Nee, Lyumjev. Wer hat sich nur diesen Namen ausgedacht?
Pingback: Liebe auf den zweiten Blick: Warum ich inzwischen doch Lyumjev nutze | Süß, happy und fit
12. Juli 2021 um 15:34
Ach, ich finde, man sollte jeder/jedem seinen Diabetes lassen, denn Menschen sind alle sehr verschieden. Wenn Sie, liebe Elisabeth, gut mit Ihrer Routine fahren, muss das aber nicht auf Antje passen. Alle Menschen mit Diabetes müssen für sich einen Weg finden, wie sie damit am besten zurecht kommen und wenn Antje so gut zurecht kommt ist es doch gut. Es gibt eben keine guten oder schlechten Diabetiker*innen 🙂
Ich kenne auch die Kommentare: was? Dein Zucker ist so hoch? Als hätte ich das absichtlich und wissentlich herbeigeführt und als hätte man immer für alle Werte eine Erklärung. Ich kann auch nur beobachten, dass ich langsam aber sicher immer mehr von dem ultra schnelle Fiasp brauche … und ich habe auch schon oft gelesen, dass ich damit nicht allein stehe. Ich beabsichtige auch wieder auf das gute alte Humalog zu wechseln.
Herzliche Grüße
Sabine Schultz
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1. Mai 2021 um 8:22
liebe Antje, hast wirklich du dieses Statment geschrieben? du lehnst eine mögliche Verbesserung ab, weil Dir der Name nicht gefällt? ich kann es gar nicht glauben. wo wäre ich da nach 40 Jahren Diabetes? ich habe mit einer Spritze Monotard angefangen und habe 24 std mein Essen danach eingeteilt. berufstätig mit 3 kleinen Kindern wollte ich meine Situation um jeden Preis verbessern. meine Freunde in der SHG waren Vorbild und mein Arzt hat mir alles verschrieben, was ich gebraucht habe. ich habe alles ausprobiert, egal ob mir der Name gefallen hat oder nicht, alle Insuline, Spritzen,Pens, Pumpen, Katheter. was gut war habe ich übernommen. heute bin ich 73, habe das Insulin mit dem unmöglichen Namen in der Pumpe, bin seit 3 Monaten 90-95 Prozent im grünen Bereich (ohne Anstrengung). Kein Brennschmerz, keine Kathetervestopfung, keine sonstigen Probleme. Basalrate aufmerksam überprüft und protokolliert, leicht reduziert. KEs und Sport sind leichter zu planen. SE fällt weg. Meine Morgenroutine sieht ähnlich, wie bei dir aus. jetzt kann ich herumtrödeln solange ich will, während mein Mann Frühstück macht, denn ich brauche erst zu bolen, wenn ich mich an den Tisch setzte. im Zeitalter der kryptischen Passwörter muss ich mich an unmögliche Namen gewöhnen, kann ich ja in der Cloud speichern, damit ich nicht immer wieder nachschauen muss. nichts für ungut, Antje, ich lese deine Berichte gerne, du hast so einen lebhaften und treffenden Wortschatz, offen und fröhlich, lg Elisabeth
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