Die Regeneration am gestrigen Nachmittag tat gut, sonst wäre ich heute beim 8-Kilometer-Volkslauf in dem kleinen Bergort Medina Sidonia sicherlich auf Platz 200 statt auf Platz 174 gelandet (von 175 Teilnehmern insgesamt…).
Unsere Trainerinnen hatten uns wirklich nicht zu viel versprochen, als sie schon beim Vortreffen versuchten, uns für die Teilnahme an einem spanischen Volkslauf zu begeistern. „Das ist eine ganz andere Stimmung als bei Läufen in Deutschland“, war eine der Werbebotschaften. Und: „Es ist eine tolle Sache, eine unbekannte Stadt im Ausland läuferisch zu erkunden.“ Nach dem heutigen Tag weiß ich: Sie hatten Recht! Was für ein cooles Erlebnis war das doch heute!
Früh aufstehen und mit deutscher Pünktlichkeit auf zum Start
Wir mussten uns allerdings schon zu nachtschlafender Zeit (um 7:15 Uhr…) zum Frühstück versammeln, damit wir pünktlich um 8:00 Uhr in den eigens gecharterten Busklettern konnten, der uns ins etwa 30 Kilometer entfernte malerische Bergörtchen Medina Sidonia bringen sollte. Mit typisch deutscher Pünktlichkeit waren wir dann um kurz vor neun auch die allerersten Läufer im Startbereich. Das Zieltor stand bereits, die Techniker installierten gerade die Matten für die Zeitmessung und testeten die Soundanlage. Ansonsten war noch nicht viel los – Kunststück, der Lauf sollte ja auch erst um 10:30 Uhr starten. Als sich die Szene langsam füllte, fiel unsere 27-köpfige Truppe mit ihren orangefarbenen Laufshirts und Starterbeuteln vom Laufwerk unter den insgesamt 175 Startern ziemlich auf.
Hügel raufrennen? Nein! Anhalten und Fotos schießen? Ja!
Die spanischen Läufer, die sich dann dort tummelten, waren überwiegend männlichen Geschlechts. Auch die wenigen Frauen – außer uns deutschen Läuferinnen waren nur noch wenige weitere Frauen am Start – sahen enorm fit, ultraschlank und knackig aus. In Spanien ist Laufen nicht so ein Breitensport wie bei uns in Deutschland, daher finden sich auch bei kleinen Volksläufen überwiegend echte „Cracks“. Angesichts meines anhaltenden Muskelkaters und meiner immer noch nicht vollständig auskurierten Erkältung hatte ich mir keinerlei Ziele gesetzt, was die Zeit anging. Wenn die erprobten Bergläufer (zu denen der gemeine Hamburger in der Regel ja nicht zählt) tatsächlich jeden der vielen Hügel auf dem mehrfach geschlenkerten Rundkurs im Affenzahn hochrennen wollen – bitte sehr, könnt ihr alle gern machen. Ich für meinen Teil verfalle lieber in gemütliches Gehen, wenn es mir zu steil wird. Und halte auch mal an, wenn es eine schöne Aussicht zu fotografieren gibt.
„Yo soy de Hamburgo, aqui muy difficile“
Tatsächlich liefen mir beinahe alle gleich nach dem Start zügig davon, und ich fand mich mit einer Teamkollegin ganz am Ende des Feldes, direkt vor dem Schlussfahrrad. Mehrfach versuchte ich dem spanischen Radler, der so geduldig hinter uns beiden Schlusslichtern hertrullerte, in radebrechendem Spanisch zu verstehen zu geben, dass ich aus Hamburg komme, wo alles flach und ohne Berge ist. „Yo soy de Hamburgo, aqui muy difficile“, dazu ein paar Handbewegungen, die das Höhenprofil hier und dort andeuten sollten. Er grinste nur, was auch immer er mir damit sagen wollte. Die Anstiege mit insgesamt knapp 300 Höhenmetern hatten es aber auch wirklich in sich. Wie gut, dass ich beim Bergablaufen immer wieder wenigstens ein bisschen Zeit wettmachen konnte.
Die Tankstelle, das Castillo, der malerischer Kiesweg und die Kopfsteinpflastergassen
Der Rundkurs führte uns gefühlte 17 Mal an einer kleinen Tankstelle vorbei, und dann in immer wieder neue kleine Gassen mit Kopfsteinpflaster. Durch den Schatten einer schönen Kirche aus grob gehauenem Stein. Bis ganz hinauf zu einem alten Castillo, das wir auf einem malerischen Kiesweg umrundeten. Immer wieder wurde der Radler auf dem Schlussfahrrad von den Streckenposten gefragt: „Ultimo?“ Also: „Sind das die letzten Läufer?“ Hinter uns beiden letzten Läuferinnen wurden also gleich fix die Straßenhütchen eingesammelt und die Straßen wieder für den normalen Verkehr freigegeben. Macht nix. Irgendjemand muss ja der oder die Letzte im Ziel sein. Letztlich gelangte ich dann nach 1:01 Stunden als Vorletzte ins Ziel. Einen richtig ordentlichen HF-Max-Schlusssprint ließ ich mir natürlich nicht nehmen und erntete dafür beim Zieleinlauf auch einen sehr beglückenden Applaus. Und Christoph beteuerte anschließend, er sei angesichts meines heutigen Laufstils beim Schlusssprint wirklich fast der Ohnmacht nahe gewesen – na dann… zwar keine Bestzeit gelaufen, aber doch ein läuferisches Ziel erreicht, siehe mein Beitrag von vorgestern! 🙂
Bingo, alle Zuckerwerte im grünen Bereich!
Zuckertechnisch verlief der Lauf prima, was für mich ja abseits aller sportlichen Ergebnisse mein ganz persönlicher Moment der Abrechnung ist. Eine Stunde vor dem Start zeigte mir der Libre-Sensor zwar bedenkliche 97 mg/dl mit stark sinkender Tendenz an. Eine Banane beförderte mich aber schnell auf starttaugliche 149 mg/dl, die bis Kilometer 6 gemächlich auf 120 mg/dl mit leicht sinkender Tendenz heruntergingen. Ein Minitütchen Haribo, beim Laufen eingeworfen – gerettet. Im Ziel lag mein Glukosewert bei 107 mg/dl mit leicht sinkender Tendenz – doch da wurden mir zusammen mit einem Wasser und einem kleinen Quittungszettel mit meinen Ergebnissen auch schon fix ein rettender Apfel überreicht. Bingo, alles im grünen Bereich!