Einmal falsch bewegt beim Hütchen-Hüpfen, und schwups war’s das für heute. Der Rücken ziept und braucht Wärme. Die Laufschuhe dürfen heute auslüften, und ich schreibe mal über meine Ernährung und Insulinanpassung während dieses Urlaubs.
Mein Rücken ist normalerweise nicht anfällig für die typischen Zipperlein, die Büromenschen gern plagen. Aber irgendwann ist halt immer auch ein erstes Mal. Und so kam es, dass ich heute morgen beim Frühsport am Strand beim Hütchen-Hüpfen ungünstig (vermutlich im Hohlkreuz, dazu neige ich leider ein bisschen) wieder auf dem Boden landete und auf einmal einen fiesen Schmerz im unteren Rücken – Iliosakralgelenklendenwirbelsäuleirgendwosodiesegegend – spürte, der mich seither treu begleitet. Unsere Trainerinnen gaben mir gleich ein paar hilfreiche Tipps für entlastende Übungen, und außerdem den Rat, mich in die heiße Wanne zu legen. Tat auch beides gut – aber so eine Gelenkblockadenmuskelzerrungwasauchimmer lässt sich leider nicht mit einem Ein-Aus-Schalter wieder ausknipsen, so dass ich heute für den Rest des Tages stöhnend herumhumpele, mir von Christoph die Schnürsenkel binden lasse, im Internet nach Pflegebetten mit Einstiegshilfen recherchiere und die anderen bei ihren Kräftigungsübungen auf der Wiese beobachte.
Nun gut, heute wollte ich ohnehin einmal ein wenig über meine Ernährung und meine Insulinanpassung während der Laufreise erzählen. Immer nur Laufberichte werden für die lieben Blogleser ja auf Dauer auch langweilig, oder? Also, meine wichtigste und für manche vielleicht überraschende Nachricht in Sachen Insulinanpassung: Ich habe mein Basalinsulin überhaupt nicht angepasst. Ich spritze ebenso wie vor der Laufreise jeden Abend um 21:30 Uhr 9 IE Basalinsulin (Lantus) und komme damit bestens klar. Ich weiß, dass in jedem Lehrbuch steht, dass man bei sportlichen Aktivitäten (zumal wenn sie derart regelmäßig und dicht gedrängt wiederkehren wir hier auf so einer Laufreise) die Basaldosis reduzieren sollte. Ich habe es zunächst einmal ausprobiert, ob ich auch ohne eine solche Anpassung klarkomme – und dann festgestellt, dass das hervorragend funktioniert.
Hier seht ihr einmal ein paar nächtliche Glukosekurven, wie sie mir das Freestyle Libre morgens präsentiert hat. Nur in einer Nacht ist mir der Wert einmal etwas abgesackt – da hatte ich allerdings am Abend noch eine Korrektur gespritzt, die vielleicht ein wenig zu großzügig ausgefallen ist. Ansonsten bin ich im Grunde immer mit genau dem Wert aufgewacht, mit dem ich am Vorabend auch schlafen gegangen war. Ich würde daher sagen: Basalrate passt und braucht trotz Sport keine Veränderung. Übrigens ändere ich auch im Alltag so gut wie nie etwas an meiner Basaldosis – es sei denn, dass sie wegen Sommer- oder Winterzeit einmal wieder eine Anpassung verlangt. Aber nie wegen Sport.
Anpassung von Basalinsulin bei Sport? Aus meiner Sicht überbewertet!
Ich persönlich halte die Empfehlung, bei Sport die Basalrate anzupassen, daher auch für überbewertet. Klar, ich weiß auch, dass Insulin bei sportlicher Aktivität intensiver wirkt als beim Herumsitzen. Aber wenn die Muskeln aktiv sind, brauchen sie auch deutlich mehr Glukose – sei es aus Sport-KE oder aus den Glykogen- bzw. Fettdepots. Und diese Glukose muss dann auch in die Zellen transportiert werden, wofür bekanntlich Insulin benötigt wird. Sprich: Bei Sport wirkt Insulin intensiver, es muss aber auch mehr Glukose in die Zellen befördern, so dass man doch ebenso gut folgern könnte, dass eine Insulinanpassung nicht erforderlich ist. Für mich zumindest funktioniert das gut.
Ich will zum Thema Basalanpassung beim Sport Pro- und Contra-Meinungen hören
Mit einem langwirksamen Insulin wie Lantus kann man den Stoffwechsel natürlich nicht so flexibel feintunen wie mit einer Insulinpumpe und einem schnellwirksamen Analoginsulin, die temporäre Basalraten speziell für Sport (oder die Stunden davor oder danach) erlauben. Doch wenn ich manchmal Blogberichte von anderen Sportlern lese, die für Sport eigens reduzierte Basalratenprofile in ihrer Pumpe nutzen und deren Blutzuckerwerte dann beim (oder nach dem) Sport heftig in die Höhe rauschen – dann frage ich mich schon, ob diese Sache mit der Basalanpassung wirklich der Weisheit letzter Schluss sein kann. Wenn ich wieder zu Hause bin, möchte ich hierzu unbedingt einmal ein paar Experten hören. Am liebsten einen Diabetologen, der hier den Standpunkt Pro-Basalinsulinanpassung vertritt und einen, der eher meine Meinung teilt. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr mir über eure diesbezüglichen Erfahrungen und Strategien/Theorien erzählt. Mal schauen, wer die besseren Argumente hat – ich werde euch dann berichten!
Täglich etwa 120 Gramm Kohlenhydrate – da muss das Gehirn an die Reserven ran
Insulinanpassung ist die eine, Ernährung die andere Sache. Wie ihr vielleicht wisst, esse ich im Alltag zu Hause ja eher kohlenhydratreduziert, weil das meinen Glukosewerten am besten bekommt. Ich bin keine dogmatische Low-Carb-Anhängerin, aber mit rund 12 KE (120 Gramm Kohlenhydrate) pro Tag nehme ich weniger Kohlenhydrate zu mir als allein das Gehirn täglich an Glukose verbraucht. Insgesamt geht man ja von einem Glukoseverbrauch des erwachsenen menschlichen Körpers von ca. 200 Gramm pro Tag im Ruhezustand aus, wobei allein das Gehirn hiervon rund 150 Gramm für sich beansprucht. Bei Sport entsprechend mehr. 12 KE am Tag reichen also nicht einmal um den Tagesbedarf meines Gehirns abzudecken, so dass mein Körper im Alltag bereits ohne sportliche Aktivitäten auf andere Reserven zurückgreifen muss. Sprich: die Glykogenspeicher in den Muskeln und in der Leber sowie die Fettreserven, die bei Bedarf in Ketonkörper umgewandelt und ähnlich wie Glukose verbrannt werden können.
Kohlenhydratreduziert essen, besser trainierter Fettstoffwechsel?
Ich behaupte jetzt einfach mal, dass mein Körper daran gewöhnt ist, den Fettstoffwechsel schneller anzuschmeißen und Reserven freizugeben, weil ich einen relevanten Teil meiner Energie in Form von Eiweiß und Fett zu mir nehme und eben nicht vorrangig aus Kohlenhydraten. Und diese Fähigkeit kommt meinem Körper beim Sport zugute, wo es bei Ausdauerbelastungen ja auch darauf ankommt, eingelagerte Reserven rasch verfügbar zu machen. Vielleicht liegt es also ein bisschen an meiner kohlenhydratreduzierten Ernährung, dass ich für sportliche Aktivitäten relativ wenig Sport-KE zusätzlich benötige. Wenn ich ungefähr eine Stunde Sport treiben möchte (ob nun Laufen, Krafttraining mit Geräten oder Tanzen), komme ich meist hervorragend klar, wenn ich mit einem Wert von ca. 130 bis 160 mg/dl starte. Mit so einem Wert fühle ich mich auch fit und leistungsfähig. Jenseits der 180 mg/dl nimmt meine Leistungsfähigkeit rapide ab, über 220 mg/dl werde ich sogar extrem müde und bekomme beim Sehen „Bildstörungen“, so dass ich mit einem solchen Wert eigentlich gar keinen Sport treiben kann. Wenn ich mit meinem Optimalwert starte, benötige ich häufig gar keine zusätzlichen Sport-KE, oder aber maximal 1 bis 2 KE, um den Glukosewert stabil zu halten (Ausreißer wie gestern bestätigen natürlich die Regel….
Etwa 20% weniger Insulin bei den Mahlzeiten – das passt
Auch hier im Urlaub habe ich mich bemüht, meinen Konsum an Kohlenhydraten im Rahmen zu halten. Das Hotelbuffet hält auch jede Menge Leckereien bereit, die einen Verzicht auf Nudeln, Kartoffeln und Brot einfach machen. Und weil wir hier Halbpension gebucht haben, das Mittagessen also mehr oder minder ausfällt, komme ich auch hier inklusive Sport-KE auf nur rund 12 KE pro Tag. So sah diesen Urlaub über ein typischer Ernährungstag bei mir aus: Morgens beim Frühstück ließ ich mir gern ein Omelette braten, dazu etwas Gemüse, etwas Käse mit Membrillo (typisch spanische Quittenpaste) und zum Abschluss Quark mit Obst. Insgesamt rund 4 KE, für die ich wegen der anstehenden sportlichen Belastung nach dem Frühstück 3 IE spritzte (statt 4 IE, wenn kein Sport anstehen würde). Für die Mittagsstunden klaute ich mir am Buffett meist 2 hartgekochte Eier und eine Birne, für die ich nach der morgendlichen Kräftigungseinheit dann auch gar kein Insulin mehr brauchte. Je nachem, wie der Glukosewert vor dem Nachmittagslauf dann war, brauchte ich ein paar Kohlenhydrate extra oder auch nicht.
Beim Dessertbuffet ist nicht alles so lecker wie es aussieht
Beim Abendessen (abwechslungsreiches Salat- und Vorspeisen-Buffet, Live-Cooking mit verschiedenen Sorten Fisch und Fleisch, Gemüsebeilagen etc.) konzentrierte ich mich meist auf kohlenhydratfreie Leckereien. Und genehmigte mir dann noch 2 bis 3 KE Dessert am üppigen Nachtischbuffet. Wobei man leider sagen muss, dass etliche dieser hübschen Schweinereien längst nicht so lecker sind wie sie aussehen. Auch beim Abendessen reduzierte ich mein Insulin in der Regel um 20% gegenüber der üblichen Dosis – schließlich musste ich den Muskelauffülleffekt beachten. Nach dem Sport will der Körper die leergelaufenen Speicher erfahrungsgemäß wieder auffüllen und zweigt sich einiges an Glukose aus dem Blut ab. Ganz überwiegend hat das gut geklappt, wie man in der Statistik meines Freestyle Libre sehen kann. Insgesamt bin ich also sehr zufrieden damit, wie es ernährungs- und insulintechnisch hier im Sporturlaub geklappt hat. Gespannt bin ich nun auf den ersten Gang auf die Waage – ich habe keine Ahnung, ob ich wegen des leckeren Essens eher zugenommen oder wegen des vielen Sports eher abgenommen habe…
Pingback: Kalimera und Namaste! Meine Wander- und Yoga-Reise nach Samos | Süß, happy und fit
Pingback: Auf dem Trampolin zeigt sich das wahre Alter eines Menschen | Süß, happy und fit
13. März 2016 um 22:31
Ja, darüber habe ich auch schon mehrfach mit meiner Diabetologin diskutiert. Aber was nützt alle Theorie wenn mehrfache Basalratentests zeigen, dass die Praxis anders ist. Aber eigentlich passt das gut ins Bild, weil der ganze Rest von dem Kerl auch nicht lehrbuchkonform ist 😉
Dir eine schöne Woche
LG Stefan
LikeGefällt 1 Person
13. März 2016 um 19:09
Hallo Antje,
ich trage eine Pumpe und habe Anfangs sehr oft die Basalrate vorm Sport reduziert. In der letzten Zeit mache ich das immer seltener und nutze auch eher die Möglichkeit mit dem Bolus und den Mahlzeiten zu spielen. Auch wenn es nicht optimal ist, so versuche ich immer öfter meine Mahlzeiten vor dem Sport einzunehmen und einen entsprechend reduzierten Bolus zu geben. Das hat den Nebeneffekt, dass ich meine Mahlzeiten bewusst klein halte, damit ich beim Sport den Magen nicht so voll habe.
Basalratenreduktion mache ich normalerweise nur noch vorm Sport am frühen Morgen, weil ich in den ersten 6 Stunden ab Mitternacht 75% meines täglichen Basalratenbedarfs habe und dadurch einen deutlichen Insulinoverhang am Morgen habe. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass mein Apidra deutlich länger als 3 Stunden wirkt, weshalb eine Basalratensenkung vorm Sport am Tage oder Abends anscheinend nicht die gewünschte Wirkung hat.
LG
Stefan
LikeGefällt 1 Person
13. März 2016 um 20:06
Moin Stefan, danke für deinen interessanten Erfahrungsbericht! Wow, 75% des Basalinsulins innerhalb von 6 Stunden nach Mitternacht? Das ist auch nicht wirklich lehrbuchkonform… Da muss echt jeder seinen persönlichen Weg finden, wie sich immer wieder zeigt… LG Antje
LikeLike