Süß, happy und fit

Echte Geschichten aus meinem bewegten Leben mit Typ-1-Diabetes

Tada! Zehn Jahre Freestyle Libre!

2 Kommentare

Kinners, wie die Zeit vergeht… Dieses Jahr ist es sage und schreibe schon zehn Jahre her, dass Abbott mit seinem Glukosesensor die Diabetesszene aufmischte. Als Journalistin, die regelmäßig über die kontinuierliche Glukosemessung mit dem Libre und anderen Sensoren schreibt, bekam ich neulich daher ein Jubiläumsgeschenk. Ironie des Schicksals: Da hatte ich mich just entschieden, zu Dexcom zu wechseln.

Als der UPS-Fahrer klingelte und mit einem riesigen Karton vor der Tür stand, war mein erster Gedanke: „Was hat Christoph denn da schon wieder bestellt?“ Denn ich wartete definitiv nicht auf die Lieferung eines Rasenmähers oder ähnlich dimensionierten Geräts. „Keine Sorge, das Paket ist ganz leicht!“, versicherte mir der Fahrer, der mir offenbar angesehen hatte, dass ich ein bisschen Sorge hatte, wie ich diese große Kiste wohl ins Haus tragen soll.

Tatsächlich wog der Karton überraschenderweise fast nichts. Und war nicht an Christoph, sondern an mich adressiert. Drin fand ich einen weiteren, etwas kleineren Karton. Und aus dem schwebten mir dann zwei Helium-Ballons mit Freestyle Libre-Aufdruck entgegen. Außerdem: eine gelbgetönte Brille mit Gläsern in Schmetterlingsform, eine Konfettibombe und eine Zeitleiste mit den wichtigsten Meilensteinen aus der nunmehr zehnjährigen Geschichte des Glukosesensors von Abbott. Wow.

Ich muss gestehen: Die Idee mit den Ballons finde ich nur mäßig gut. Denn um sie zu transportieren, ist ein wirklich ziemlich großer Karton erforderlich. Ich habe meinen erstmal in den Keller gebracht, vielleicht hat meine Enkelin demnächst Lust, daraus ein Spielhaus zu basteln. Sie würde mit ihren 7 Jahren jedenfalls problemlos hineinpassen. Aber was sollen Leute mit so einem Riesenkarton machen, die weder Keller noch Enkelin haben? Oder die in einer Redaktion arbeiten, in der es möglicherweise sogar mehrere Journalist*innen gibt, die auf dem Abbott-Verteiler stehen? Ich muss direkt nochmal bei MedTriX nachfragen, wo neben der Diabetes Zeitung der DDG auch die diversen Medien des neuen Diabetes Ankers sowie eine Reihe von Diabetes-Fachpublikationen erscheinen. Wie kommen die Kolleg*innen dort in ihre Büros, wenn alle so einen Karton geliefert bekommen haben?

Aber Scherz beiseite. Ich fand es schon spannend, noch einmal die vergangenen Jahre mit dem Freestyle Libre Revue passieren zu lassen. Immerhin habe ich sie als Nutzerin quasi der ersten Stunde alle live miterlebt:

  • 2014: Markteinführung in Deutschland, und zwar via Direktvertrieb vorbei an Diabetespraxen und Apotheken. Das war ein ziemlich disruptiver Akt, der für eine Menge Aufregung gesorgt hat. Ich habe mir jedenfalls zügig meine ersten Sensoren bestellt und das System getestet. Im November 2014 gab es meinen ersten Testbericht hier auf dem Blog. In den ersten Monaten kaufte ich meine Sensoren auf eigene Rechnung und scannte, was das Zeug hielt. Teuer, aber das war mir der Erkenntnisgewinn wert.
  • 2015: Das Freestyle Libre war gerade einmal ein paar Monate auf dem Markt, da gab es die ersten positiven Neuigkeiten in Sachen Kostenerstattung. Vorreiter waren die DAK und die Techniker, die ihren Versicherten per Satzungsleistung ordentliche Zuschüsse gewährten.
  • 2016: Nachdem die TK angekündigt hatte, aus der Kostenerstattung auszusteigen, wechselte ich kurzzeitig zur DAK, die an der Satzungsleistung festhielt. Doch dann ruderte die Techniker zurück, und ich machte meinen Wechsel schnell wieder rückgängig. Seither bekomme ich meine Libre-Sensoren per Jahresverordnung und muss lediglich die gesetzliche Zuzahlung selbst leisten.
  • 2017: Je mehr Menschen den Libre nutzten, umso häufiger wurde auch von Fällen berichtet, in denen die Pflasterklebstoffe für heftige Hautreaktionen sorgten. Ich bin zum Glück (klopf auf Holz) nicht selbst betroffen, habe aber immer wieder über das Thema berichtet.
  • 2018: Startschuss für den Freestyle Libre 2, der dank Bluetooth-Verbindung die Glukosewerte auch ohne Scannen anzeigte und – anders als die erste Generation Sensoren – optionale Alarme bei hohen bzw. niedrigen Werten oder Signalverlust ermöglichte. Ich war lange nicht unbedingt ein Fan von Alarmen (weil ich glücklicherweise aber auch noch nie so richtig schwere Stoffwechselentgleisungen erleben musste) und freute mich, dass die Alarme beim Libre (anders als bei der Konkurrenz von Dexcom) wirklich komplett deaktivierbar waren. Für meinen Testlauf habe ich beide Sensoren (FSL1 und FSL2) parallel getragen und zusammen mit Christoph die Glukoseverläufe akribisch ausgewertet.
  • 2019: Mit dem FSL2 gab es dann auch eine neue App, über die man sein Diabetesmanagement dokumentieren kann. Ich fand sie nicht schlecht, dennoch fielen mir im Zuge einer Nutzerbefragung gleich eine ganze Reihe von Punkten ein, die ich gern verbessern würde.
  • 2020: Nach immerhin schon sechs Jahren mit dem Libre konnte ich mir ein Diabetesmanagement ohne kontinuierliche Glukosemessung definitiv nicht mehr vorstellen. Und war dann doch irgendwie happy, als ich einmal wegen eines abgerissenen Sensors im Urlaub unfreiwillige Sensorpause einlegen musste. CGM-Fatigue nennt man das im Fachjargon. Für mich war der Urlaub daher auch ein bisschen Diabetes-Detox.
  • 2021: Mit dem Freestyle Libre 3 kam die dritte Generation der Abbott-Sensoren auf den Markt. Deutlich kleiner, deutlich komfortablere Setzhilfe, deutlich weniger Müll – ein Thema, das die Community zunehmend interessiert (siehe dazu mein Bericht aus 2022). Seither bin ich mit dem FSL3 unterwegs.
  • 2022: Hier nennt Abbott als Meilenstein die Partnerschaft mit Ypsomed und CamDiab, wodurch der FSL3 zur automatisierten Insulinabgabe mit dem mylife Loop System freigegeben wird. Das ist sicherlich eine großartige Sache – betrifft mich allerdings nicht, da ich weiterhin ganz old School im Rahmen einer ICT mit Insulinpens arbeite. Und seither ärgere ich mich zunehmend, dass sich bei Abbott nichts tut, um auch für ICT-Nutzende ein paar Schnittstellen zu öffnen. Denn was eine große Zahl von Menschen mit Typ-1-Diabetes – unabhängig von der Therapieform – sich wünscht, ist Konnektivität. Wir wollen unsere Kontrolle über unsere Daten haben und sie mit genau den Geräten und Apps nutzen, die uns am besten gefallen. Hier und hier habe ich das alles mal aufgeschrieben.
  • 2023: Wieder nicht viel Neues für alle, die ihrer ICT treu bleiben. Ich durfte in einer unfreiwilligen kleinen Feldstudie im Griechenland-Urlaub allerdings feststellen, dass der Libre-Sensor sich in einem Thermalbad in Schwefelwasser zwar löste, aber dann wider Erwarten doch bis Ende der regulären Laufzeit durchhielt. Ob’s am Schwefel lag? Sonst funktioniert das schließlich in der Regel nicht. Aber soweit ich das überblicke, gibt es keine Studien zu dem Thema, erst recht nicht mit mehr als einer Testperson.
  • 2024: Warten auf die Interoperabilität beim Freestyle Libre. Bei der Konkurrenz von Dexcom ist sicher auch nicht alles perfekt, aber immerhin kann man dort die Glukosewerte schon seit geraumer Zeit auch auf der Smartwatch anzeigen lassen – ein Feature, auf das man beim Libre seit Jahren vergeblich wartet. Bei Abbot konzentriert man sich stattdessen in diesem Jahr auf das 10-jährige Jubiläum und feiert ein brandneues Logo.

Ihr merkt es meinem Ton vermutlich an, in letzter Zeit bin ich ein bisschen weniger gut auf den Freestyle Libre zu sprechen. Natürlich ist das Jammern auf hohem Niveau. Die Sensoren halten bei mir (ganz überwiegend) problemlos für die gesamte Laufzeit. Sie messen sehr akkurat. Ich bekomme sie problemlos per Rezept von meiner Krankenkasse bezahlt. Und doch… ärgert es mich, dass sich bei genau den Themen, für die ich mir Verbesserungen wünsche, so überhaupt nichts tut. Nämlich Konnektivität und Interoperabilität. Und so habe ich kürzlich beschlossen, dem Freestyle Libre den Rücken zu kehren und zu Dexcom zu wechseln. Der Wechsel war völlig unkompliziert, weil mein Rezept ohnehin just ausgelaufen war und ich eine Folgeverordnung bei meiner Krankenkasse einreichen musste. Nun warten hier 9 Dexcom-Sesoren auf ihren Einsatz, sobald in ein paar Tagen der letzte Libre-Sensor abläuft.

Wie es genau zu diesem Entschluss kam, verrate ich euch im nächsten Blogbeitrag. Dieser ist nun wahrlich schon lang genug geworden. Fortsetzung folgt also!

2 Kommentare zu “Tada! Zehn Jahre Freestyle Libre!

  1. Pingback: CGM-Studie an der Uni Bayreuth: Welcher Sensor misst am besten? | Süß, happy und fit

  2. Avatar von Jörg Flinterhoff

    Vielen Dank für deinen Beitrag. Sehe ich genauso. Hinzu kommt das die Sensoren mittlerweile in bestimmten Kreisen zum hippen Lifestyle-Produkt geworden sind und Menschen Sensoren an Hunden ausprobieren. Typ 1 Diabetiker bekommen immer häufiger Mitteilungen, das Abbott Lieferschwierigkeiten hat. Verrückte Welt. Habe den Dexcom G7 getestet und werde im Januar 2025 wahrscheinlich auch wechseln. Gruß, Jörg

    Like

Hinterlasse einen Kommentar