Viereinhalb Jahre ist es her, dass die damals 13-jährige Emily bei einer Klassenreise nach London gestorben ist. Todesursache war ein Herzinfarkt infolge einer unbehandelten Ketoazidose. Ihren Lehrerinnen wird fahrlässige Tötung vorgeworfen, morgen ist der dritte Prozesstag vor dem Landgericht Mönchengladbach.
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich in meinem Zimmer in einem zentral gelegenen Hotel in Mönchengladbach. Ich werde morgen den dritten Prozesstag des Verfahrens verfolgen, bei dem die näheren Todesumstände von Emily und die Verantwortung der beiden Lehrerinnen geklärt werden sollen.
Aktuell hat man zwar den Eindruck, dass die Wissenschaft sich fast ausschließlich mit der Corona-Pandemie beschäftigt. Doch auch in der Diabetestherapie tut sich was. In diesem Jahr haben die europäischen und amerikanischen Diabetesgesellschaften ein Papier veröffentlicht, das den aktuellen Wissensstand rund um Diagnose und Therapie von Typ-1-Diabetes zusammenfasst. Interessant finde ich vor allem, dass der Report die Perspektive von Menschen mit Diabetes in den Mittelpunkt rückt und auch ihre psychosoziale Gesundheit im Blick hat.
Der Konsensus-Report wurde von 14 internationalen Fachleuten erarbeitet und im Rahmen der EASD-Jahrestagung vorgestellt. Ich habe die entsprechende Sitzung verfolgt und nutze meine freien Tage einfach mal dafür, nach der Diabetes Zeitung nun auch euch darüber zu berichten. Der Report wurde vor allem deshalb mit Spannung erwartet, weil die beiden großen Fachgesellschaften im Jahr 2019 bereits ein vielbeachtetes Konsensusdokument zum Thema Typ-2-Diabetes vorgestellt hatten. Nun liegt auch die finale Fassung eines entsprechenden Reports zum Typ-1-Diabetes vor.
Der Festakt von DiabetesDE anlässlich dieses historischen Meilensteins ist zwar schon einen Monat her, aber für mich ist eigentlich dieses ganze Jahr ein Festjahr, in dem ich mehr als ohnehin schon jeden Tag dankbar für die großartige Entdeckung des Arztes Frederick Banting und des Biochemikers Charles Best bin.
Am 24. Juli 2021 kamen in Berlin Menschen aus der Diabetesszene zusammen – wenn auch nicht ganz so viele, wie man sonst zu einem solch großen Anlass eingeladen hätte. Doch immerhin – es war die erste Präsenzveranstaltung von DiabetesDE seit Beginn der Corona-Pandemie vor anderthalb Jahren.
Vor zwei Jahren starb die 13-jährige Emily bei einer Klassenfahrt nach London. Das Mädchen hatte Typ-1-Diabetes und erlitt infolge einer unbehandelten Ketoazidose einen tödlichen Herzinfarkt. Ich hatte seinerzeit schon einmal über den Fall berichtet, der (nicht nur) in der Diabetes-Community viele Menschen entsetzt hat. Obwohl laut einem ärztlichen Gutachten Emily noch leben könnte, hätten die Lehrkräfte rechtzeitig ärztliche Hilfe geholt, stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen im Februar 2021 überraschend ein. Doch Emilys Vater gab sich damit nicht zufrieden und legte Beschwerde ein. Mit Erfolg: Nun werden die Ermittlungen wieder aufgenommen.
Mich hatten die Recherchen für einen Beitrag in der Diabetes Zeitung, die mich mit der Berichterstattung beauftragt hatte, ziemlich mitgenommen. Umso entsetzter war ich, als ich im März auf Spiegel Online eine Meldung entdeckte, dass die Ermittlungen eingestellt wurden. Ich nahm erneut Kontakt mit Kay Schierwagen auf, dem Vater von Emily. Er erzählte mir, dass der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Ende Februar 2021 auch für ihn völlig überraschend kam. Denn er ist nach wie vor davon überzeugt, dass die vier Lehrkräfte während der Fahrt ihre Aufsichtspflicht verletzt und damit fahrlässig Emilys Tod verschuldet haben. Denn sie hätten – so berichten es Mitschülerinnen und Mitschüler – nicht nach Emily geschaut, obwohl sie schon am Morgen nach der Ankunft in London am 28. Juni 2019 Bescheid wussten, dass es ihr nicht gut ging und sie sich die ganze Nacht hindurch übergeben hatte. Auch an den Folgetagen, so der Vorwurf des Vaters, hätten die Aufsichtspersonen sich nicht rechtzeitig darum gekümmert, dass Emily ärztlich behandelt wird.
Es gibt Recherchen, die ich nicht so einfach wegstecken kann. So ging es mir bei dieser Geschichte, die ich im Auftrag der Diabetes Zeitung recherchiert und aufgeschrieben habe. Wie interviewt man einen Mann, der vor ein paar Monaten seine Tochter verloren hat? Wir formuliert man Nachfragen zu den Dingen, die einem auf den ersten Blick komisch vorkommen? Ich hatte Herzklopfen, als ich zum vereinbarten Termin die Nummer seiner Anwältin wählte, die bei unserem Gespräch dabei war.
Wäre ich Raucherin, hätte ich nach dem Telefonat mit Kay Schierwagen und seiner Anwältin erstmal eine Zigarette gebraucht. Ich hatte von ihm zwar plausible Antworten auf alle meine Fragen bekommen, ohne dabei in irgendwelche Fettnäpfchen zu tappen und ihn unnötig psychisch zu belasten. Doch emotional hatte mich das Gespräch sehr aufgewühlt. Für den Rest des Tages war ich zu nichts mehr zu gebrauchen. Denn was Kay Schierwagen den Lehrkräften der Theo-Hespers-Gesamtschule in Mönchengladbach vorwirft, klingt so ungeheuerlich, dass man es zunächst kaum glauben mag. Weiterlesen →
Anlässlich des Weltblutspendentags heute am 14. Juni 2019 hat die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) darauf hingewiesen, dass in Zukunft besonders auf die ausreichende Versorgung mit Spenderblut geachtet werden muss und zur regelmäßigen Blutspende aufgerufen. Menschen mit Typ-1-Diabetes sind vom Blutspenden zwar ausgeschlossen, für mich ist das Stichwort „Blutspende“ trotzdem immer sehr bedeutsam – denn mein Diabetes wurde rein zufällig bei einer Blutuntersuchung nach dem Blutspenden entdeckt.
Die ausreichende Versorgung mit Blutprodukten in Deutschland wird aufgrund des demografischen Wandels zu einer immer größeren Herausforderung. Die Zahl der möglichen Blutspender zwischen 18 und 65 Jahren nimmt konstant ab. Gleichzeitig gibt es immer mehr ältere Menschen, die einen höheren Bedarf an Blutprodukten haben. „Wir beobachten seit einigen Jahren eine Zunahme der Patienten höheren Alters, die mehr Blut brauchen“, erläutert Professor Dr. med. Hermann Eichler, erster Vorsitzender der DGTI. Zwar dürften auch Menschen über 65 Jahren Blut spenden, wenn der voruntersuchende Arzt sie für geeignet hält, das sei aber seltener der Fall als bei jüngeren Menschen. Weiterlesen →
Er hatte seinen Job als Informatiker, seine Eigentumswohnung und sein geregeltes Diabetesmanagement in London zurückgelassen, um auf der Straße zu leben. Etwa 16 Jahre lang tingelte der Brite Lyndon Owen mit dem Spanier José Manuel Calvo durch ganz Europa. Nun ist er in Madrid gestorben, wo die beiden zuletzt überwiegend lebten.
Gerade heute hat mich Facebook daran erinnert, wie ich Lyndon kennengelernt habe. Vor genau 5 Jahren nämlich war ich in Berlin unterwegs, um die Ärztin Jenny de la Torre zu porträtieren, die dort ein Gesundheitszentrum für Wohnungslose betreibt. Anders als die Gäste im Gesundheitszentrum ließen sich Lyondon und José, die ich zufällig auf der Straße traf, gern fotografieren. Und weil sie mich baten, ihnen das Foto weiterzuleiten, gaben sie mir ihre Visitenkarte mit. Wohnungslose Bettler mit Visitenkarte, Internetauftritt und Paypal-Konto? Das fand ich zumindest ungewöhnlich. Weiterlesen →
„Na, hast du deine Pumpe schon beantragt?“ oder „Ist deine Pumpe schon bewilligt?“ oder „Für welches Modell hast du dich entschieden?“ Das sind Fragen, die mir in letzter Zeit zuhauf gestellt wurden, nachdem ich Ende Dezember hier darüber geschrieben hatte, dass ich so langsam auch über eine Insulinpumpe nachdenke und auch den schlauchlosen Demo-Pod überhaupt nicht störend fand.
Ich muss da wohl so geklungen haben, als sei ich neuerdings total begeistert von der Idee, eine Insulinpumpe an meinem Körper zu befestigen und mir mein Insulin nicht mehr via Pennadel, sondern per Knopfdruck zuzuführen. Ein Weilchen mag ich das auch so empfunden haben. Doch nun sind ein paar Wochen ins Land gegangen, und ich habe weder Anstalten in Richtung Pumpen-Antrag unternommen, noch die geringste Lust auf diesen Schritt verspürt. Weiterlesen →